20.- 31.12.2015: Cabo Curioso - PN Monte León - Rio Gallegos - Laguna Azul - Feuerland

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Es ist der 20. Dezember und je weiter wir gen Süden fahren, umso mehr Fahrzeuge kommen uns entgegen. Viele Argentinier sind auf dem Weg zu ihren Familien, um die Weihnachtstage dort zu verbringen. Die Tankstellen sind voll und viele übernachten auch in den wenigen Hotels entlang der Ruta National 3 oder in ihren Fahrzeugen.

Wir entgehen dem ganzen Trubel und biegen nördlich von San Julian auf eine Schotterstraße ab. Der sogenannte Camino Costera ist, wie man dem Namen schon entnehmen kann, ein Weg, der an der Küste entlang führt. Wir haben den Tipp von zwei Hamburgern in Camarones bekommen, die schon seit 15 Jahren durch Südamerika mit ihrem Wohnmobil reisen.

Direkt an der Abzweigung von der Ruta National 3 entdecken wir mal wieder ein Armadillo. Ich steige aus und schleiche mich langsam an. Es wühlt mit der Schnauze im Boden nach Futter und gewöhnt sich schnell an meine Anwesenheit. Ich könnte es anfassen, so dicht dran lässt es mich, aber stattdessen knie ich mich nur hin und beobachte es eine Weile lang.

Das Wetter ist wolkig und windig. Man spürt den Regen in der Luft. Wir fahren langsam auf der Sand- und Schotterstraße und machen eine Kaffeepause, als wir die Küste erreichen. Es ist Sonntag und einige Argentinier stehen am Strand und nutzen die Grillstellen, die sich windgeschützt in den Sandsteinhöhlen befinden.

Frisch gestärkt vom Apfelstrudel und einem leckeren Cappuccino fahren wir einige Kilometer weiter, um einen schönen Platz zum Übernachten zu suchen. Die Straße entlang der Küste geht rauf und runter, hier und da sieht man die steilen Sandsteinkliffs, aber der Nieselregen setzt ein und die Aussicht auf die Buchten ist wenig fotogen.

Am Cabo Curioso finden wir einen sehr ruhigen Stellplatz direkt am Wasser und bleiben zwei Nächte. Winnietwo sieht aus wie Sau! Schotterstraße fahren im Regen ist nicht empfehlenswert! Dafür entschädigt uns abends erneut ein traumhafter Sonnenuntergang. Die sind hier in Patagonien einfach fantastisch! Meistens wechseln die Farben von Orange zu Rot zu Dunkelrot und sie dauern teilweise fast eine Stunde. Leider ist es windig und kalt draußen und ich komme immer halb erfroren zum Winnietwo zurück. Und dann geht uns am ersten Abend nach 20 Minuten auch das Propan in unserer Gasflasche für die Heizung aus. Wir haben aber zum Glück zwei Flaschen, die andere ist zum Kochen, wir können also ohne Probleme die Flaschen hin und her wechseln, wenn nötig. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es auch noch die Wärmflaschen und die kuschelig weichen und warmen Fleecedecken, die wir uns in BA gekauft haben.

Was machen wir an Tagen, wenn wir mal nichts machen? Wir kochen uns was Leckeres, lesen, oder arbeiten an den vielen Fotos, Videos und Webberichten. Die Tage gehen immer schnell vorbei.

In San Julian gehen wir Einkaufen und suchen nach einer Möglichkeit unsere Propangasflasche auffüllen zu lassen. Hier kann man aber nur Flaschen tauschen, die Gasplantage zum Auffüllen ist in Rio Gallegos. Ein netter, älterer Herr erklärt mir genau den Weg und kritzelt einen einfachen, aber verständlichen Straßenplan auf einen Zettel. Wir sind wie immer begeistert über die Hilfsbereitschaft der Argentinier. Unser Spanisch ist gut genug, um sich zu verständigen und das hilft sicherlich auch.

Unsere nächste Anlaufstelle ist der Monte León National Park, wo wir eigentlich drei Nächte über Weihnachten bleiben wollen. Wir erreichen die Einfahrt zum National Park erst gegen 19.30 Uhr - irgendwie kommen wir morgens nie früh hoch und dann ist es immer schon sehr spät, bis wir da sind, wo wir hinwollen. Die Sonne scheint und wir sehen viele Guanacos und Nandus entlang der 20km langen Schotterstraße bis zum Campingplatz an der Küste runter.

Es soll Pumas geben hier und wir sehen die Hinweisschilder, aber nur sehr selten sehen Besucher des Parks mehr als die Fußspuren der Pumas. Wir entdecken stattdessen ein kleines Stinktier und ich steige aus zum Fotografieren. Es wackelt etwas unbeholfen auf den Beinen, scheint aber von meiner Anwesenheit nicht weiter gestresst zu sein. Dennoch mache ich schnell ein paar Schritte zurück, wenn es mir den Rücken zudreht und den Schwanz hebt. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich einem Stinktier so nahe komme. Von dem Gestank habe ich nur aus Erzählungen gehört, muss das aber nicht unbedingt hautnah erleben. Mir fällt auf, dass das arme Vieh nur ein Auge hat, das andere ist total verkrustet und deswegen läuft es wohl etwas wackelig durch die Gegend. Essen Pumas Stinktiere? Ich schaue ab und zu mal über meine Schulter, aber Helen ist ebenfalls ausgestiegen und beobachtet die Umgebung.

Nach einer Stunde kommen wir runter an die Küste und machen ein paar Fotos von der Isla Monte León - ein Sandsteinfelsen, auf dem Blauaugenscharben, Seeschwalben und Dominikaner-Möwen nisten. Der Campingplatz liegt nur um die Ecke.

Ein einziges Wohnmobil steht auf dem Platz. Mit uns parken zwei Argentinier vor der Rezeption und wir betreten das kleine Café, um nach den Campingkosten zu fragen. 180 Pesos will der gute Mann pro Nacht haben. Das sind zur Zeit etwa 14 US$. Wenn man bedenkt, dass der Eintritt in den National Park kostenlos ist, ist das eigentlich nicht sehr viel. Aber erstens haben wir kaum noch Pesos und zweitens würden wir die Einrichtungen am Campingplatz nicht brauchen. Wir haben ja gerade erst eine heiße Dusche gehabt und unsere Batterien sind gut geladen. Ich frage höflich, ob wir auch nur auf dem Parkplatz stehen können und dafür etwas weniger bezahlen. Er guckt mich ganz entgeistert an und macht eine abfällige Bemerkung über Touristen, die im Gegensatz zu Argentiniern den Blue Dollar nutzen und eh schon günstiger bei weg kommen. Da hat er zwar nicht ganz unrecht, aber das ist ja nicht unsere Schuld, wenn die Argentinier fast 20 US$ für die Nacht hier hinblättern müssen.

Helen und ich diskutieren, was wir machen wollen und beschließen noch am selben Abend wieder rauszufahren. Die Wettervorhersagen für die nächsten Tage lassen auf Regen schließen, die Pinguinkolonie ist schlecht zu erreichen und auch die Seelöwen soll man nur von weitem sehen. Wir brauchen unsere letzten Pesos noch für Benzin und können erst in Rio Gallegos wieder an Pesos gelangen.

Es ist fast 21 Uhr und wir sind am verhungern. Zum Glück haben wir noch ein paar Weißbrotstangen. Schnell wird etwas Käse und Schinken geschnitten und dick aufs Brot gelegt. Wir nehmen die Teller mit nach vorne, da wir noch bei Tageslicht die eine Stunde bis zur Ruta National 3 zurückfahren wollen. Helen schmeißt den Motor an und der Platzwart kommt auf uns zugeschossen. Ich mache das Fenster runter und er sagt mir unmissverständlich und in einem recht aggressiven Ton, dass wir nirgendwo frei im Park stehen dürfen. Das wissen wir, hatten wir eh nicht vor ... ich antworte ihm kühl, dass wir bis zur Hauptstraße hochfahren werden und schließe das Fenster wieder.

Wir sind noch keine fünf Minuten vom Campingplatz weg, ich beiße gerade in mein Brot rein und drehe dabei den Kopf nach rechts ... Puma! Direkt neben uns - keine 50 Meter entfernt! Das ich das Wort "Puma!" mit vollem Mund überhaupt rausbekommen habe ohne mich zu verschlucken, wundert mich heute noch. Ich schmeiße den Teller samt Brot auf die Ablage und suche nach meiner Kamera. Wo ist das Ding? Helen macht inzwischen eine Vollbremsung und lässt mein Fenster runter - geht im Winnietwo ja alles elektronisch! ;-) Die Kamera will nicht aus der Tasche ... Panik! Der Puma ist immer noch in Sichtweite, geht aber langsam den Hügel hoch. Die Sonne ist am untergehen, die Lichtverhältnisse sind schwierig ... ich mache vorsichtshalber erst einmal ein Video. Damit haben wir gar nicht gerechnet! Was für ein Hammerding! Wir sind keine zwei Stunden im Park und entdecken einen Puma. Wahnsinn! Aber nach Sonnenuntergang ist genau die richtige Zeit. Dann kommen sie aus ihrem Tagesversteck und gehen auf Jagt. Wenn der Platzwart wüsste, was wir gerade gesehen haben, dann würde der sich bestimmt ärgern.


Stinktier und Puma im PN Monte León.

Total happy fahren wir weiter. Hinter uns findet erneut ein toller Sonnenuntergang statt, aber wir haben keine Zeit für Fotos, denn es wird rapide schnell dunkel. Wir erreichen gerade noch rechtzeitig die Ausfahrt von Park an der RN 3 und verbringen die Nacht direkt außerhalb des Parkzaunes in einer kleinen Delle. Sie ist weit genug von der Ruta 3 entfernt und wir fühlen uns sicher. Vom Straßenlärm bekommen wir auch nur relativ wenig mit. Wir schlafen gut!

Auf dem Weg nach Rio Gallegos müssen wir wachsam die Straße vor uns beobachten. Unheimlich viele Guanacos grasen am Rand - rechts und links. Zweimal müssen wir bremsen, da sie vor uns die Straße überqueren. Sie bleiben verschreckt mitten auf der Fahrbahn stehen, denn wir kommen von der einen und ein Laster von der anderen Seite. An diesem Tag sehen wir so viele tote Guanacos wie noch nie. Die meisten werden wahrscheinlich nachts überfahren, einige hängen auch tot über dem Zaun. Das Gras ist zur Fahrbahn hin grüner, da es meistens in einer Senke wächst, die vermutlich mehr Wasser speichert, als die weitreichende, sehr trockene Landschaft. Wie es wohl meinem kleinen Guanaco Baby geht?

Angeblich sollte die Gasplantage in Rio Gallegos bis 16 Uhr auf haben, aber das Hinweisschild sagt 8.00 - 14.00 Uhr. Und morgen ist Heilig Abend. Aber zum Glück ist noch ein Mitarbeiter da und sagt, dass sie morgen bis 13 Uhr auf haben. Ja, mit dem Adapter bekommen wir ohne Probleme Gas und nachts könnten wir auch vor der Tür parken.

Wir fahren zum Bäcker, decken uns lecker ein, dann geht es weiter zum großen Carrefour Supermarkt. Wir brauchten nur Cappuccino und Wasser und wollten nur schnell mal reinhuschen. Pustekuchen! Ich hing eine Stunden lang in der Warteschlange zur Kasse fest. Unglaublich, wie viele Leute am Einkaufen waren. Ich bin total genervt! Aber wenigstens dudelt nicht noch olle Weihnachtsmusik durch die Lautsprecher, sondern gute Popmusik.

Wir fahren quer durch die Stadt zum Fluss runter und parken bei der YPF Tankstelle. Außer einem Tannenbaum mit Renntiergespann und Weihnachtsmann und einer Fleischerei mit einer weihnachtlich geschmückten Kuh (... habe ich schon erwähnt, das Kühe hier in Argentinien wichtiger sind als alles andere????) sehen wir nichts Weihnachtliches - keine aufgeblasenen Gummiteile, kein künstlicher Schnee, keine Lichter rund um die Häuser. Ist morgen wirklich schon Weihnachten?

Die Mitarbeiterin bei der YPF gibt mir dankenswerterweise das Passwort für das WiFi und wir stellen fest, dass wir hier eine wirklich gute Verbindung haben. Deshalb bleiben wir die Nacht und können das gute WiFi am nächsten Morgen nutzen, um mit unseren Familien in Deutschland und England zu skypen. Propan bekommen wir auch ohne Probleme. Nach Weihnachten ist uns ansonsten gar nicht zumute. Um Mitternacht gehen überall die Knaller und Raketen los. Weihnachten und Silvester in einem! Auch mal was anderes.

Am 25. Dezember ist auch hier, wie sonst auch immer zu Weihnachten in Deutschland, Nieselregen angesagt. Wir könnten auch locker in Hamburg sein, da ist es im Moment auch nicht anders! Aber statt Lebkuchenherzen, Dominosteine, Marzipanstollen oder ähnliches zu genießen, machen wir etwas total Un-Weihnachtliches - wir schrubben Winnietwo von drinnen und draußen! Auf einer großen YPF Tankstelle in Rio Gallegos, wo wir anschließend für 15 Pesos auch noch heiß duschen können.

Die vielen Schotterstraßen haben ihr Spuren hinterlassen. Der feine Staub sitzt drinnen in jeder Ritze und wir nehmen sogar die Teppiche raus und klopfen sie ab. Unter der Gasflasche für die Heizung befindet sich ein großes Loch (aus Sicherheitsgründen). Wir stopfen es mit Plastiktüten zu, damit a) nicht so viel Staub reinkommt und b) die kalte Luft nicht von unten in den Innenraum kriechen kann. Das gleiche Problem haben wir mit der Truma Heizung. Auch hier musste aus Sicherheitsgründen wohl unten der Boden offen bleiben. Kein Wunder, dass wir so viel Staub durch die Heizung bekommen! Wir schneiden ein Stück von der Isomatte passgenau für diese offene Stelle zurecht und setzen sie ein. Und die beiden Hintertüren bekommen unten noch eine neue Gummidichtung eingeklebt. Diese Maßnahmen vermindern ungemein, dass Staub von den Schotterpisten in unser Fahrzeug gelangt. Das hätten wir ja auch schon einmal früher machen können!!! Na ja, you live and you learn!

Rio Gallegos ist nicht wirklich ein Ort zum langen Verweilen, deshalb fahren wir weiter zur Laguna Azul und verbringen hier drei Nächte. Wir sind inmitten einer Lava- und Kraterlandschaft. Der Vulkankegel der Laguna Azul ist mit Wasser gefüllt und es kommen erstaunlich viele Argentinier während des Tages hierher. Nachts stehen wir fast alleine auf dem Parkplatz.

Das Wetter ist extrem wechselhaft, aber immer wieder zeigt sich die Sonne und wir laufen um den Kraterrand herum. Einen Tag später erkundigen wir die anderen Krater in der Umgebung. Der Wind weht heftig und ist eisig, aber unsere Nepal-bewerten Klamotten halten uns warm und trocken.

Laguna Azul - 360° Panorama
(mit gedrückter Maus über das Panorama fahren oder auf die Pfeiltasten klicken)


An unserem letzten Abend parkt ein Dragoman Truck neben uns. Die 20 Camper kommen aus allen Teilen der Welt und bauen ihre Zelte neben uns auf. Bei uns kommen Erinnerungen an unsere Kumuka Südamerika Tour von 2002 auf und wir unterhalten uns mit einigen der Dragoman Reisenden. Helen erwähnt, dass wir auf solchen Touren immer unseren eigenen Sparschäler mitgenommen haben, da die Truck Dinger in der Regel nicht zu gebrauchen waren. Keine 10 Minuten später klopft es bei uns an der Tür. Der Waliser, der heute Kochdienst hatte, fragt uns, ob er sich mal den Sparschäler ausborgen kann! Natürlich! Kein Problem, aber bitte wiederbringen!!! Ist gute Deutsche Qualität!

Die Dragoman Leute gehen nach Sonnenuntergang ins Bett. Sie müssen früh hoch, denn für Morgen stand die lange Fahrt nach Ushuaia an. Wir bauen kurz nach Mitternacht schon unser Bett und wollen ebenfalls schlafen gehen, da klopft es schon wieder an unsere Tür. Zwei Argentinische Männer brauchen Starthilfe, ihre Batterie ist tot. Es ist eine Vollmondnacht und eisig kalt draußen. Unsere ganze Heizungsluft geht flöten, da wir das Starterkabel aus dem Doppelboden rauskramen und dafür die hinteren Türen aufmachen müssen.

Wir packen alles zusammen und fahren zu dem Auto rüber. Unser Starterkabel hat extrem große Klemmen und wir stellen fest, dass wir diese kaum an unsere Starterbatterie befestigen können. Sie ist so eng am Rande der Maschine eingebaut, dass wir einen der Pole nur mit Mühe erreichen können. Und das auch nur mit Festhalten der Klemme. Nachdem die beiden Batterien endlich verbunden sind (ich bin schon halb am erfrieren!), schmeißt Helen den Motor an ... klick, klick, klick ... der Argentinische Motor will nicht starten. Wir erhöhen die Drehzahl, aber es passiert nichts. Ein anderes Argentinisches Auto fährt zu dieser späten Stunde zum Krater und die Frau erkennt an unserem Taschenlampen Licht, dass es Probleme gibt. Wir versuchen es mit ihrer Starterbatterie, aber erneut startet das andere Auto nicht. Da es in dieser verlassenen Gegend offensichtlich kein Handyempfang gibt, notiert sie sich die Nummer von einem Freund der beiden Argentinier und verspricht diesen auf dem Rückweg nach Rio Gallegos anzurufen.

Wir überlassen den Argentiniern unser Starterkabel und bitten sie, es später einfach unter unser Auto zu legen. Gegen 3 Uhr morgens kommt der Freund. Ich bin noch wach und höre, dass sie das Auto gestartet bekommen und wie der Argentinier unser Starterkabel unters Auto legt. Jetzt kann ich auch entspannt einschlafen.

Entsprechend groggy sind wir am nächsten Tag und kommen erst spät hoch. Die Grenze nach Chile liegt nur 8km entfernt. Innerhalb von 35 Minuten sind wir drüben. Argentinische Ausreise und Chilenische Einreise befinden sich im selben Gebäude. Vier Schalter klappern wir ab, um alle Stempel zu bekommen, dann guckt ein Chilenischer Grenzbeamte noch in unseren Kühlschrank. Wir müssen einen halben, ungekochten Kohl und ein Viertel Zwiebel abgeben. Den Knoblauch, die Pfefferkörner und Gewürzmischungen haben wir vorher zum Glück gut versteckt.

Auf dem Weg zur Magellanstraße machen wir einen Fotostopp an einer Schafsfarm. Hier werden gerade 500 Lämmer auf einen Laster verladen. Die Mutterschafe stehen dicht an dicht gedrängt in einem separaten Gehege.

Kurz vor der Magellanstraße sehen wir die lange Schlange an wartenden Fahrzeugen. Die Fähre ist kurz vor dem Verladen. Ich springe raus, um zu gucken, wo wir ein Ticket für die Überfahrt kaufen können und erfahre, dass das nur an Bord geht. Scheiße, denn wir haben nicht einen Chilenischen Peso. Und man kann am Bord nur bar bezahlen. Während ich das ganze abkläre, fahren die Fahrzeuge an Bord und ich springe wieder in den Winnietwo. Wir sind eines der letzten Fahrzeuge, das verladen wird und werden durch die Mitte des Schiffes gewunken, bis wir ganz vorne an der Ausfahrrampe stehen. Cool!

Wir kramen unsere letzten 100 US$ raus und machen uns auf den Weg zum Zahlschalter. Man kann hier in fast jeder Währung bezahlen. Da wir aber nicht mehr genügend Argentinische Pesos haben, reichen wir die 100 US$ rüber. Zum Glück bekommen wir 80 US$ cash zurück und brauchen nur noch 35 Argentinische Pesos oben drauf zu zahlen. Der Wechselkurs US$ zu Peso wäre auf der Fähre unglaublich schlecht gewesen.

Die Fähre ist schon halb über die Magellanstraße, bis wir oben an Deck die Aussicht genießen können. Normalerweise ist die Überfahrt sehr stürmisch und häufig lässt der Patagonische Wind gar keine Fahrten zu. Aber wenn Engel reisen, dann ist das Wasser spiegelglatt und es tauchen auch noch Commerson Delfine auf. Viel Zeit bleibt uns nicht zum Fotografieren, denn die Überfahrt dauert insgesamt weniger als 20 Minuten und da wir das erste Auto sind, dass wieder von Bord fährt, müssen wir rechtzeitig runter.


Mit dem Schiff über die Magellanstraße.

Auf der anderen Seite der Magellanstraße genießen wir noch 38km Asphaltstraße. Dann beginnen die 110km Schotterstraße bis zur Argentinischen Grenze auf Feuerland. Im Chilenischen Teil leben kaum Menschen, hier und da sieht man Ölpumpen und Öltanks und ständig brausen Arbeitsfahrzeuge der Ölarbeiter an uns vorbei. Offensichtlich lohnt es sich nicht die Straße zu teeren und so holpern wir dahin. Am Anfang geht es noch, aber dann wird die Piste immer ruppiger und wir fahren nur noch 15-20 km/h die Stunde. Wir merken schnell, dass wir es an diesem Abend nicht mehr im Hellen zur Grenze schaffen und nutzen die erste Möglichkeit neben der Schotterstraße zum Übernachten. Morgen ist auch noch ein Tag!

Am nächsten Tag brauchen wir noch einmal fast sechs Stunden bis wir endlich das Ende der Schotterstraße erreichen. Immerhin sehen wir hier und da ein paar Füchse direkt am Straßenrand, ansonsten ist es mehr oder weniger langweiliges Grasland. Fürchten tun wir den Steinschlag, den andere Raser auf der Schotterstraße verursachen. Eine geplatzte Windschutzscheibe können wir wirklich nicht gebrauchen, aber nur einmal trifft uns ein Stein seitlich an der Tür. Trotzdem ist das Fahren anstrengend, Helen versucht jede Wellblechstelle vorauszuahnen, um unsere Reifen zu schonen.

Erneut geht der Grenzübergang zwischen Chile und Argentinien zügig vonstatten. Eine junge Argentinierin spricht uns an, ob sie und ihre beiden Kumpels bei uns mitfahren können. Wir sagen nein. Erstens haben wir nicht genügend Sicherheitsgurte, nur der Sitz hinten hat noch einen und dann sind uns drei einfach zu viel. Sie findet offensichtlich woanders eine Mitfahrgelegenheit, denn wir sehen sie beim Argentinischen Grenzposten wieder. Ich winke ihr freundlich zu, sie zeigt mir beide Stinkefinger. Nett!

Wir parken für eine Stunde bei der YPF an der Grenze, trinken eine Tasse Tee, leeren unsere Toilette aus und fahren dann weiter. Kurz vor Rio Grande biegen wir an einem Schrein auf eine Sandstraße zum Strand ab. Hier stehen wir schön über Nacht an einer Felsenklippe, wo Schwarzzügelibisse nisten.

Wir haben kaum noch Pesos und können uns in Rio Grande gerade noch ein paar Stückchen Kuchen zum Mittagessen leisten. Wir klappern anschließend mindestens fünf Geldautomaten in der Stadt ab, aber keiner will uns Geld rausschmeißen. Es kommt leichte Panik bei uns auf, denn der Kühlschrank ist leer und wir haben Hunger. In der Patagonia Bank bekommt Helen Hilfe von einer Mitarbeiterin. Sie erklärt uns, dass das Tageslimit pro Automat pro Karte zwar bei 4000 bis 5000 Pesos liegt, aber man nur maximal 2000 Pesos pro Transaktion abheben kann. Das sind gerade mal 142 Euro. Ich muss mit meiner Kanadischen Bankkarte 80 Pesos Gebühren on top bezahlen und 5 Can$ werden auch noch abgerechnet. Das sind eine Menge Gebühren und ärgert uns gewaltig.

In der Zwischenzeit hat es in Argentinien Präsidentschaftswahlen gegeben und der neue Regierungschef Macri hat seit Mitte Dezember die feste Kopplung von Peso zu US Dollar aufgegeben und den Devisenhandel freigestellt. Seit dem liegt der offizielle Kurs um die 13 Pesos pro US$ (vorher waren es 9 Pesos) und auch der Blue Dollar liegt nur noch knapp darüber. Uns kommt das entgegen, denn wir haben kaum noch US$ in bar und hätten eh unsere Karten am Automaten nutzen müssen. Oder wir hätten nach Chile fahren müssen, um dort Chilenische Pesos zu kaufen, die dann in US$ umzuwandeln, um dann wieder mit dem Blue Dollar Argentinische Pesos zu kaufen. Bei so vielen Währungswechseln wäre auch viel Geld auf der Strecke geblieben. Da ist es uns lieber, gleich direkt mit der Karte Argentinische Pesos zu bekommen.

Nachdem wir endlich Geld hatten, ging es zum Einkaufen. Bei La Anonima füllen wir unseren Einkaufswagen und packen anschließend unsere Waren an der Kasse aufs Band. Der Kassenmann bedient unseren Vorgänger und teilt uns dann mit, dass seine Kasse geschlossen ist. Na, das hätte er ja auch schon vorher mal sagen können. Wir packen alles wieder in den Wagen und gehen zur nächsten Kasse. Ich frage, ob die Kasse auf hat, bevor wir alles aufs Band legen und bekomme eine runtergeratterte Spanische Antwort. Ich habe kein Wort verstanden und gucke entsprechend. Der junge Mann wühlt unter der Kasse und holt ein rundes Gerät raus und zeigt es mir. Ich verstehe immer noch nicht, was er mir sagen will und er zeigt mit dem Finger in den Laden zu einer Stelle, wo eine Dame diese Dinger verteilt. Häh?

Es stellt sich heraus, dass man hier nicht einfach nur so an eine freie Kasse gehen kann. Nein, man muss eines dieser Geräte holen und es dann unter einen Scanner halten. Auf dem Display sieht man dann die Wartezeit bis eine Kasse für den Kunden offen ist. Sechs Minuten sagt es bei uns. Ich gucke die Dame an und wiederhole mehr oder weniger entgeistert "Seis minutos!". Es sind mindestens 15 Kassen von 25 offen und man sieht kaum Kunden an den Kassen. Stattdessen stehen wir und andere dumm im Laden rum und warten das das Ding uns die Kassennummer mitteilt. Statt sechs Minuten warten wir mindestens 10 Minuten bis unsere Kassennummer auftaucht. Gewartet haben wir ca. bei Kasse 8, das Display sagt Kasse 23. Na, super! Es dauert mindestens 30 Sekunden bis wir da sind.

Was für eine Geld- und Zeitverschwendung! Das ganze System muss richtig Schotter gekostet haben und was bringt es??? Wir haben selbst Jahrelang an Kassen gearbeitet und wissen, das Kunden wesentlich schneller abgefertigt werden können, wenn alle Kassen gleichmäßig besetzt sind. Ich teile der Dame am Scanner meinen Unmut mit. Sie ist etwas erstaunt, zuckt aber nur mit der Schulter. Andere Kunden nicken mir eher beistimmend zu.

Irgendwie war das heute nicht unser Tag. Erst die lange Suche nach Geld, dann unsinniges Warten beim Einkaufen und dann bekommen wir auch noch keinen Euro Diesel an der Tankstelle. In ganz Rio Grande gibt es keinen Euro Diesel. Zum Glück hatten wir in Rio Gallegos noch aufgetankt und kommen so locker noch nach Ushuaia, aber der Euro Diesel lag hier nur noch bei 10,99 Pesos statt 12,03 in Rio Gallegos. Deswegen wollten wir nochmals auftanken. Wer weiß, wie der Preis im neuen Jahr ist.

Total genervt verlassen wir um 19.15 Uhr die Stadt und machen uns nach Tolhuin auf. Der Himmel wird immer dunkler und Helen sagt "Es regnet. Auch das noch!" Wir gucken uns an und müssen lachen.

Immerhin finden wir dann in Tolhuin einen sehr schönen Stellplatz am Lago Fagnano. Die Zufahrtsstraße durch Dorf ist allerdings sehr holprig und matschig und wir kommen erst gegen 21.30 Uhr dort an. Puh, was für ein Tag! Da hilft nur eine Tasse Tee zur Entspannung.

Ursprünglich hatten wir überlegt zu Silvester in Ushuaia mit anderen auf dem Campingplatz zu feiern, aber wir können uns am nächsten Tag nicht zum Fahren aufraffen. Der Blick über den See ist einfach zu schön und ich schneide Helen die Haare. Abends verabschiedet sich das Jahr 2015 dann auch noch mit einem traumhaften Sonnenuntergang. Wir hören um Mitternacht einige vereinzelte Böller aus dem Dorf, ansonsten rutschen wir ganz entspannt und ruhig ins neue Jahr! Happy 2016!