09. - 21.03.2016: Tolhuin - San Gregorio - Punta Arenas - Puerto Natales - Cueva del Milodón

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Wir verlassen Ushuaia im strahlenden Sonnenschein und dieses Mal können wir bei der Fahrt über die Berge auch die Landschaft bewundern. Beim der Hinfahrt hat es ja heftig geregnet. In Tolhuin verbringen wir eine Nacht direkt am Lago Fagnano und fahren dann am nächsten Tag weiter nach Rio Grande.

Ich nutze das Internet vor Ort und überweise mir selbst per Western Union Transfer Argentinische Pesos, die ich beim WU Schalter im Carrefour Supermarkt abhole. Der Argentinische Peso ist im Gegensatz zum letzten Mal um einiges höher und ich bekomme 2000 Pesos mehr für das gleiche Geld. Nicht schlecht! Ich hatte es in einem unserer vorherigen Berichte schon einmal erwähnt, am Geldautomaten in Argentinien können pro Aktion nur 2000 Pesos (das sind etwa 142 EURO) gezogen werden und es fallen nicht nur am Automaten Gebühren von um die 80 Pesos an, sondern meine Bank nimmt auch jedes Mal noch Geld für den Einsatz der Karte. Im Schnitt kostet mich das 9-10% Gebühren - einfach zu viel! Der Western Union Transfer erlaubt mir eine Überweisung des 4,5-fachens und kostet mich nur 1,8% an Gebühren. Ich kann das ganze online machen und dann innerhalb von wenigen Minuten das Geld bar in einer der WU Filialen abholen. Praktisch und sicher!

Die Schlange am Western Union Schalter ist lang (wie immer!), denn die Argentinier nutzen diesen Service zum Zahlen ihrer Rechnungen. Während Helen schon mal einkaufen geht, stelle ich mich an. Es sind nach etwa einer halben Stunde noch fünf Argentinier vor mir, da kommt die Dame vom Schalter nach draußen und teilt uns mit, dass der Computer abgestürzt ist und sie nicht weiß, wann das System wieder arbeiten wird. Drei der fünf Argentinier vor mir schütteln den Kopf und gehen nach Hause. Ich sehe Helen an der Kasse und teile ihr mit, dass das hier noch eine Weile dauern wird. Sie soll sich schon einmal eine Tasse Tee kochen. Nach etwa 20 Minuten weiteren Wartens geht der Computer wieder und ich freue mich schon darüber, dass ich es geduldig (ist ja sonst nicht gerade meine Stärke!!!) abgewartet habe. 10 Minuten später komme ich dran und schiebe meinen Reisepass und die Transfernummer durch den Schlitz. Die junge Dame schaut sich das an und teilt mir dann mit, dass ich erst um 16 Uhr das Geld abholen kann. Vorher darf sie keine Auszahlung machen. Es ist 15.15 Uhr und ich bin tatsächlich mal sprachlos. Kommt ja nicht so häufig vor, aber mir fehlen da echt die Worte, vor allem auf Spanisch! Argentinische Bürokratie (ich wusste gar nicht, dass es hier so etwas gibt!!!) ist mindestens so schlimm wie in Deutschland! Rio Grande ist wirklich nicht unser Ort zum Erledigen von wichtigen Dingen. Das war vor 10 Wochen schon auf der ersten Durchreise so und scheint sich heute fortzusetzen. Innerlich brodelnd, äußerlich mehr oder weniger freundlich, frage ich noch mal nach, ob ich das mit 16 Uhr richtig verstanden habe. Ja! Helen sieht schon an meiner Fresse, dass ich kein Geld habe und macht mir schnell zur Beruhigung eine Tasse Cappuccino. Ein Stück Kuchen gibt es auch dazu. Natürlich hat sich kurz vor 16 Uhr schon wieder eine Schlange vor dem Western Union Schalter gebildet, aber irgendwann komme ich dann doch dran und fülle meine Taschen mit 100 Peso Scheinen. Dabei stelle ich fest, dass sie mir 100 Pesos zu wenig ausgezahlt hat. Ich hole die Scheine wieder raus und zähle sie vor den Augen der jungen Dame noch einmal ab. Der Stapel ist so schlappe 3cm hoch. Man kommt sich vor wie Dagobert Duck! Jeder 100 Peso Schein ist aber nur so um die 7 EURO wert. Die junge Dame guckt mich leicht verschmitzt an und legt die fehlenden 100 Pesos nach - keine Ahnung, ob sie das versehentlich oder absichtlich gemacht hat. Na ja, wenigstens haben wir jetzt wieder Geld.

Wir verlassen Rio Grande am späten Nachmittag. Ein Sturm zieht auf und über dem Meer leuchtet ein toller Regenbogen. Leider sind wir zu der Zeit noch mitten im Stadtverkehr und ich mache kein Foto davon. Wie beim letzten Mal stellen wir uns unweit von Rio Grande an den Strand für die Nacht. Der Wind wird immer heftiger und der Sand wirbelt um unser Auto herum.

Am nächsten Morgen scheint zwar die Sonne, aber der Wind hat noch einmal extrem zugenommen. Wir befürchten, der fliegende Sand schmirgelt die Farbe von Winnietwo ab und fahren in Richtung Straße, wo wir einen geschützteren Platz neben dem Heiligenschrein finden. Eigentlich wollten wir heute wieder durch das Chilenische Feuerland zur Magellan Straße fahren, aber der starke Wind hält uns davon ab. Vermutlich könnten wir auf der sehr sandigen 110km langen Schotterstraße die Hand vor unseren Augen im Sandsturm nicht sehen. Eine Tag später hat sich der Wind immer noch nicht gelegt und so hängen wir drei Nächte hier fest. Na ja, wir haben Zeit!

Die 110km lange Schotterstraße zwischen San Sebastián und Cerro Sombrero ist in einem viel besseren Zustand als auf unserer Herfahrt Ende Dezember. Wir brettern mit 40-60 km/h dahin und Helen kommt sich wie eine Rally-Fahrerin vor. Statt wie beim letzten Mal in sieben Stunden, schaffen wir die 110km in nur 2,5 Stunden. Wow! Wir kommen eine Stunde später bei der Fähre über die Magellan Straße an und reihen uns in die lange Schlange ein. Nichts bewegt sich und wir sehen auch keine Fähre. Ich steige aus und sehe, dass das Wasser in der Magellan Straße hohe Wellen wegen des Windes schlägt. Ich spreche mit einem der Argentinischen Fahrer und erfahre, dass der Fährbetrieb im Moment eingestellt ist. Vermutlich kommt aber um 20 Uhr doch noch eine Fähre zum Einsatz.

Wir haben Hunger, brauchen dringend eine Tasse Tee und haben keine Lust im Dunkeln über die Magellan Straße zu fahren. Also beschließen wir die Nacht auf dem Parkplatz vorm Fährgebäude zu verbringen. Am nächsten Tag ist es zwar auch windig, aber die Fähren fahren. Trotz rauer See dauert die Überfahrt nur 25 Minuten. Ich sehe kurz vor der Ankunft auf der anderen Seite noch zwei Commerson Delfine direkt vor dem Bug durchs Wasser schießen, aber sie sind zu schnell für ein Foto und zeigen sich auch nicht wieder.

Am frühen Nachmittag erreichen wir San Gregorio. Dieser verschlafene Ort ist heute ein Chilenisches Kulturdenkmal. Hier wurde 1876 die erste große Schafsfarm gegründet. Die Häuser dieser Geisterstadt sind verlassen, die Fensterscheiben zertrümmert, die Türen hängen schief in den Angeln. Hier und da steht noch ein Bettgestell in den Räumen. Die Türen der großen Lagerhalle sind verschlossen und ich erkenne durch einen Schlitz eingeschweißte Wollballen. Ab und zu werden die Hallen hier noch zur Schafsschur genutzt, aber das ist heute nicht der Fall. Am Strand liegen die beiden Schiffswracks - die Britische 'Ambassador' und die 'Amadeo', die hier in den 40iger Jahren gestrandet ist.

San Gregorio - 360° Panorama
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Wir gönnen uns noch einen Cappuccino und fahren dann weiter in Richtung Punta Arenas. Etwa 20km vor der Stadt nahe des Flughafens liegt der kostenlose Campingplatz von Parque Chabunco direkt am Wasser. Wir sind ganz alleine - ein schöner und ruhiger Übernachtungsplatz für die Nacht.

Die nächsten beiden Nächte verbringen wir in einer ruhigen Seitenstraße direkt neben der Zollfreien Zona Franca in Punta Arenas. Wir brauchen Chilenische Pesos und ich mache erneut einen Western Union Transfer. Der WU Schalter liegt mitten im Stadtzentrum. Alle Parkplätze kosten Geld, das wir aber noch nicht haben, und so muss Helen ein paar Mal um dem Block fahren, während ich unser Geld abhole. Anschließend fahren wir zu einer Bibliothek, um das kostenlose Internet dort zu nutzen. Dann folgt ein Großeinkauf bei Unimarc, der größten Supermarktkette im Chilenischen Süden. Alles scheint hier einen Tacken teurer als in Argentinien zu sein. Frische Milch ... Fehlanzeige. Gutes Gebäck ... Fehlanzeige. Dafür ist die Obst- und Gemüseabteilung sehr gut bestückt und die Ware sieht sehr frisch aus. Ich finde sogar einen Grey Ghost - mein Lieblingskürbis aus Kanada. Hah, da werde ich uns eine super leckere Suppe draus machen.

Einen Tag später durchforsten wir die Zona Franca. Hier findet man eine Menge importierter Waren, die zollfrei, aber nicht gerade billig verkauft wird. Wir müssen uns für die nächsten 14 Tage eindecken, denn im Torres Del Paine Nationalpark wird es keine Einkaufsmöglichkeit geben. Da wir diverse Wanderungen auf dem Plan haben, brauchen wir Sachen, die haltbar sind. Wir werden fündig. Verschweißtes Deutsches Schwarzbrot, leckeren Marzipankuchen, Weizentortillas und vieles mehr. Außerdem kaufen wir 12 Liter Motoröl, das hier im Vergleich zu Argentinien nur die Hälfte kostet.

Von Punta Arenas bekommen wir ansonsten nicht viel mit. Es soll eigentlich eine recht hübsche Stadt sein, aber der Himmel ist bewölkt und wir wollen lieber weiter fahren. Auf dem Weg nach Puerto Natales machen wir einen kurzen Fotostopp beim Monumento del Viento (Wind Denkmal). Der Wind hat beim 2ten Pfeiler schon die Spitze abgerissen!!! Ja, Patagonien ist schon berühmt für den starken Wind und wir sollten das in den nächsten Tagen auch deutlich zu spüren bekommen.

Puerto Natales ist der Ausgangspunkt zum Torres Del Paine Nationalpark. Von hier aus gehen die meisten Touristenbusse in den Park. Wir finden einen Stellplatz direkt am See gegenüber von der Petrobras Tankstelle und unweit von der Touristen Information. Mit dem Booster kann ich auch das kostenlose WiFi in Winnietwo empfangen, allerdings erlaubt mit der Server keine Uploads von unserer Webseite auf unseren FTP Server.

Astrid ist ebenfalls gerade in Puerto Natales. Wir haben die Wienerin, die seit vier Jahren mit dem Fahrrad um die Welt reist, am Golfo Nuevo im November kennengelernt. Sie kommt mit Moritz, einem Deutschen, den sie in Bahia Blanca getroffen hat, vorbei. Die beiden fahren seit Monaten zusammen und sind ebenfalls auf dem Weg zum Torres Del Paine Nationalpark, um das "O" zu laufen. Am nächsten Morgen treffen wir uns noch einmal zum Frühstück vor dem Couchsurfing Hostel, in dem die beiden übernachten. Ich kann hier auch das Internet nutzen und endlich mal ein Webupdate von unserer Antarktis Tour machen.

Ich schneide Helen noch schnell die Haare, wir machen unsere letzten Einkäufe und verlassen dann Puerto Natales nach drei Nächten. Auf dem Weg zum Torres Nationalpark machen wir einen kurzen Fotostopp bei der Cueva del Milodón.

In dieser 200m tiefen, 80m breiten und 30m hohen Höhle hat der Deutsche Pioneer Hermann Eberhard um 1890 herum die Überreste eines riesigen, bereits ausgestorbenen, Faultiers gefunden. Es soll an die 4m groß gewesen sein und wurde vor ca. 11.000 Jahren von den hiesigen Menschen in dieser Höhle gejagt.

Cueva del Milodón - 360° Panorama
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Es gibt insgesamt drei Höhlen hier und wir zahlen 4000 Chilenische Pesos (etwa 6 EURO) pro Person Eintritt. Die größte Höhle ist schon gewaltig und mir wird etwas mulmig. Chile ist Erdbebengebiet und über mir befinden sich gerade gewaltige Gesteinsmassen. Ausgrabungen hier haben nicht nur die Überreste menschlicher Zivilisation und des Faultiers, sondern auch das von Säbelzahntiger und anderen prähistorischen Tieren gefunden. Am Eingang der Höhle steht eine Nachbildung des eine Tonnen schweren Milodóns - ein beliebtes Fotomotiv.

Cueva del Milodón - 360° Panorama
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Wir schauen uns anschließend noch die zweite Höhle an und da die wenig spektakulär ist, lassen wir die dritte gleich aus, denn es wird langsam dunkel und wir wollen noch bis in die Nähe des Torres Del Paine Nationalparks kommen.

Kurz hinter der Cuerva hört der Asphalt auf und wir fahren mehrere Kilometer auf einer mehr oder weniger anspruchsvollen Schotterstraße. Zum Glück fängt vor dem Nationalpark aber wieder der Asphalt an und wir finden einen sehr schönen Stellplatz außerhalb des Parks am Mirador Grey.

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