14. - 19.04.2017: Putaendo - Punta Pite - Playa Ritoque - Viña Del Mar - Valparaíso

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Die meisten Reisenden fahren direkt an die Küste, wenn sie über den Paso Cristo Redentor kommen. Unser Copec Buch hat aber ein paar hübsche Aufnahmen von Kirchen und alten Kolonialgebäuden in der Gegend rund um Los Andes und so stoppen wir zunächst in San Felipe und dann geht es weiter Richtung Norden nach Putaendo.

Wir durchfahren Bereiche mit viel Landwirtschaft und entdecken am Straßenrand einen älteren Herren, der frische Erdbeeren verkauft. Erdbeeren zu dieser Jahreszeit? April entspricht hier unten Oktober auf der Nordhalbkugel! Damit haben wir wirklich nicht gerechnet, obwohl uns Sigo und Hilu schon davon berichtet hatten. Im Supermarkt sind die Preise mit fast 3000 Pesos pro Packung recht hoch, aber frisch gepflückt am Straßenrand bekommt man das Kilo schon für 1000 Pesos (etwa 1,40 EURO). Ich kaufe natürlich gleich zwei Kilo ... endlich mal wieder ganz frisches und erschwingliches Obst. Und Erdbeeren sind meine absoluten Lieblinge unter all den Obstsorten!

Auf der anschließenden Fahrt nach Putaendo riecht Winnietwo wir ein Erdbeerstand. Uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Kaum haben wir im Dorf einen Parkplatz um die Ecke von zentralen Platz gefunden, wasche und schneide ich gleich ein ganzes Kilo Erdbeeren und zuckere sie anschließend leicht an, um Saft zu ziehen. Dann schauen wir uns das hübsche Dorf an. In einer Straße befinden sich bunte Häuser mit alten Gaslaternen - ein schönes Fotomotiv. Die Kirche am Dorfplatz ist auch sehr interessant. Draußen und drinnen ist alles aus Ziegelsteinen gemacht und es findet gerade ein Gottesdienst zu Ostern statt. Es ist Karfreitag und kurz vor Sonnenuntergang zieht ein Laster mit offener Ladefläche durchs Dorf. Hinten drauf verkleidete Kinder. Jesus fällt durch sein großes Tattoo am Oberarm auf. Die Kirchengemeinde läuft hinterher und es wird an jeder zweiten Straßenecke gebetet.

Ich schaue mir das nur ganz kurz an, denn am Himmel ist ein toller Sonnenuntergang zu beobachten. Die Sonne färbt die Wolken Orange-Rot. Eigentlich schade, dass wir jetzt nicht am Meer oder in den Bergen sind. Nach dem Abendessen hauen wir uns noch die tollen Erdbeeren rein.

Dann geht es rüber an die Küste. In Papudo finden wir nach langem Suchen eine WiFi Verbindung und sehen noch die zweite Halbzeit vom HSV Spiel live, dass die Hamburger aber gegen Bremen verlieren. Das Wetter ist gemischt - zum Teil viel Nebel und Wolken. Nahe Zapallar verläuft die Straße oberhalb der felsigen Steinküste - Sandstrände sind hier recht selten und wenn man sie findet, dann muss man meistens hohe Parkgebühren pro Stunde bezahlen. Die Reichen haben hier ihre Villen - uns erinnert das an die Küste von Kalifornien.

Wir fahren gen Süden und bleiben zwei Nächte am Playa Ritoque - ein schöner, langer Sandstrand südlich von Quintero. Hier stehen wir wunderbar kostenlos auf einem sandigen Parkplatz neben dem Fischrestaurant am Strand. Bis auf das Bellen der streunenden Hunde ist es ruhig und sicher hier. Mir war nach dem vielen Fahren nach einem ganzen Tag Ruhe zumute. Lange schlafen, gemütlich frühstücken und dann später noch am Strand spazieren gehen ... so kann man das gut aushalten.

Mittwochmorgen wachen wir auf, weil rund um uns herum viele Leute quatschen. Ein Blick aus dem Fenster zeigt ... wir sind umzingelt von vielen Autos. Ein Surfer nach dem anderen schmeißt sich aufs Brett und reitet die langen Wellen. Wir wundern uns. Muss heute keiner arbeiten? Mitten in der Woche so viele Leute. Haben die ein verlängertes Osterwochenende, oder was?

Wir verabschieden uns vom Playa Ritoque und fahren weiter südlich nach Concón. Hier wollen wir bei der Lipigas Fabrik endlich unsere zweite Gasflasche auffüllen lassen, denn weiter südlich wird es langsam sehr kalt und wir brauchen die Flasche zum Heizen. An diesem Mittwoch sind die Tore der Fabrik geschlossen. Ich steige aus, um mir die Öffnungszeiten anzugucken und ein Wachmann kommt aus seinem Kabuff. "Está cerrada!" - geschlossen! Den ganzen Tag? Ja, sagt er, es ist der 'día de censo'. Aha! Ich denke mir, dass die Fabrik heute wohl wegen einer Inspektion oder so geschlossen ist und wir fahren weiter. Auch die zweite Gasfabrik Hundert Meter weiter hat geschlossen, der gleiche Grund.

Um die Ecke gibt es eine Touristen Information. Ich steige erneut aus, die Tür ist geschlossen, drinnen kein Licht. Ich gucke durchs Fenster und ein Wachmann sieht mich. Er öffnet freundlich die Tür und sagt: "Está cerrada! Es el día de censo." Jetzt bin ich neugierig und frage nach, was das denn nun bedeutet. Er erklärt mir im gut verständlichen Spanisch, dass Chile alle 5 Jahre eine Volkszählung macht und alle Einwohner zuhause bleiben müssen, bis jemand mit dem Fragebogen vorbei kommt. Im ganzen Land ist heute alles geschlossen, nur die Sicherheitskräfte arbeiten. Netterweise gibt er mir dann auch noch ein paar Broschüren zur Region.

Ich erzähle Helen, was heute los ist und nun fällt uns auch auf, dass es relativ wenig Verkehr auf der Straße gibt und wirklich alles geschlossen ist. Wir können nicht einmal einkaufen gehen. Für uns entwickelt sich dieser Tag allerdings zu einem Seegen, denn wir können in aller Ruhe Sightseeing machen. Überall finden wir einen Parkplatz, die Straßen sind leer und wir können uns Zeit beim Fahren lassen.

Strandpromenade Viña Del Mar - 360° Panorama
(mit gedrückter Maus über das Panorama fahren oder auf die Pfeiltasten klicken)


In Viña Del Mar machen wir Mittag und parken kostenlos am Strand, denn weit und breit ist kein Parkkontrolleur zu sehen. Normalerweise kostet die Stunde um die 300-500 Pesos oder man zahlt 3000 Pesos für den Tag. Anschließend schauen wir uns das Wulff Schloss von draußen und die berühmte Blumenuhr aus dem Autofenster im Vorbeifahren an. In die Innenstadt fahren wir nicht, denn unser eigentliches Ziel ist Valparaíso.

Die große Hafenstadt ist von 42 Bergen umgeben. Sie erinnert an San Francisco, denn die bunten Häuser liegen dicht gedrängt an den Hängen, die Straßen sind wahnsinnig steil. Kein Wunder, dass es hier noch die alten Seilbahnen (Ascencores) gibt, die Fußgänger in nur wenigen Minuten von einem Stadtteil in den nächsten befördern. Ursprünglich hat es mal 27 Ascencores gegeben, heute sind aber nur noch 14 davon in Betrieb. Sie wurden alle zwischen 1883 und 1916 gebaut und sind heute ein Weltkulturerbe. Die Fahrt kostet in der Regel nur 100 Pesos (15 EURO Cent) - ein billiges Vergnügen.

Für Chile Reisende ist Valparaíso ein MUSS. Allerdings ist es für Wohnmobilbesitzer nicht gerade der sicherste Ort in Chile. Es gibt kaum einen, bei dem hier nicht eingebrochen wurde. Wir hatten am Aconcagua ja gerade eine Französische Familie getroffen, die es hier gleich zweimal in drei Tagen erwischt hat. In iOverlander sind Berichte zu lesen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Da wird z.B. berichtet, dass jemand unten am Hafen an der Ampel gestanden hat und schwupps wurden ihm die Reifen von einem Idioten aufgeschlitzt. Wir waren also gewarnt und hatten uns entsprechend vorbereitet!

Ein guter Stellplatz sollte oben beim Friedhof sein. Wir hatten keine Probleme dort hinzukommen, wenn man mal von den steilen Straßen absieht. Auch die Diebe und Reifenschlitzer waren offensichtlich am 'día de censo' daheim geblieben. Gut für uns! Um Winnietwo nicht alleine zu lassen, haben wir getrennt unser Sightseeing gemacht.

Ich war mit der Kamera gut 2.5 Stunden unterwegs und ganz begeistert von den bunt bemalten Gebäuden. Die ganze Stadt ist ein echtes Kunstwerk! Nur unten am Hafen habe ich mich sehr unwohl gefühlt. Es waren nur ganz wenige Menschen auf den Straßen und ich habe mich nicht einmal getraut, die Kamera aus der Tasche zu nehmen. Die Kneipen und Häuser sehen dort alle sehr heruntergekommen aus - mich erinnert das stark an die rebellische Hafenstraße Hamburgs in den 80iger und 90iger Jahren. Im Stechmarsch renne ich dadurch und ignoriere jede Ansprache und Anmache einfach. Unheimliche Gestalten laufen dort schon tagsüber entlang. Nachts würde ich mich hier nie hin trauen. Entsprechend warne ich Helen bei meiner Rückkehr und sie lässt den Hafen aus.

Helen braucht ohne Kamera nur 45 Minuten. In den steilen Straßen kommt man richtig aus der Puste. Endlich haben wir mal wieder etwas 'Sport' gemacht. Waden und Popomuskeln tun anschließend tatsächlich ein wenig weh.


Mit den alten Aufzügen durch Valparaíso

Wir wären gerne länger geblieben, haben uns aber eine Übernachtung oben beim Friedhof nicht getraut, obwohl sich niemand für Winnietwo an diesem Tag interessierte. Aber morgen fängt wieder der Alltag an und wer weiß, was dann so alles auf den Straßen herumläuft. Wir hatten keine Lust auf eine eingeschlagene Scheibe oder aufgeschlitzte Reifen und sind deshalb kurz vor Sonnenuntergang aus der Stadt raus und zur nächsten Copec-Tankstelle an der Autobahn gefahren. Es regnet eh! Die Nacht ist zwar laut, aber dafür sicher.