07.10. - 15.11.2018: Hamburg/London - Ciudad Del Este - Independencia

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Über die Fußball-WM in Russland möchte ich lieber nicht sprechen. Für uns Deutsche war es eine Katastrophe! Ein Scheiß-Jahr für den Fußball-Fan! Erst steigt der HSV ab und dann kommen wir bei der WM nicht über die Gruppenphase hinaus. Kein Wunder, das ich immer mehr graue Haare bekomme! Helen war über das Abschneiden der Engländer natürlich happy!

In Kanada war ich dieses Mal nur für 10 Wochen, aber die waren sehr gut. Ich habe mich erstaunlich fit gefühlt und mit sehr netten Menschen zusammengearbeitet. Hat richtig Spaß gemacht! Wenn nur diese fiesen Waldbrände nicht wären! Dieses Mal war es noch schlimmer, als schon in den letzten beiden Jahren. Über 7 Wochen hatten wir ein Sicht von maximal 100 Metern. Das Atmen fiel schwer, Sauerstoffmangel führte zu Kopfschmerzen, der Hals hat wegen des Rauches ständig gekratzt. Echt Scheiße!

Anfang Oktober bin ich dann wieder gen Südamerika geflogen, mit einem 3-tägigen Abstecher nach Hamburg. So konnte ich für kurze Zeit noch einmal meine ganze Familie und eine Freundin sehen. Meine Mutter ist extra noch los und hat für den Uwe zwei Schachteln Nürnberger Lebkuchen und eine Box Kaffeefilter in Größe 4 besorgt - die gibt es in Paraguay nämlich nicht.

Und so fängt jetzt am 7. Oktober unsere vierte Südamerika-Saison an:

Nach dem letzten Kaffeeklatsch bei Göran und Sabine, bringen mich meine Eltern zum Flughafen. Mein Flug via Frankfurt nach Sao Paulo ist mit LATAM gebucht, aber die haben keinen Schalter am Hamburger Flughafen. Ich spreche eine Lufthansa-Mitarbeiterin an und die sagt, ich soll elektronisch beim nächsten Terminal einchecken. Okay, mache ich. Flugnummer eingeben, Namen eingeben, Pass einscannen ... dann warten ... die Maschine rödelt vor sich hin ... am Ende leuchtet folgende Nachricht auf "Your flight xxx to Frankfurt has been cancelled." Wie bitte?

Ich muss also doch zu einem Lufthansa Check-in Schalter und der Mitarbeiter weiß von nichts. Die Maschine ist gecancelt, fragt er seinen Kollegen am Nebenschalter? Ja, gerade eben vor einer Minute. Na, super! Ob ich dann morgen fliegen möchte? Auf keinen Fall! Helen wartet in Sao Paulo doch auf mich. Die kommt heute aus London und wir haben den letzten Flug nach Foz Do Iguaçu morgen gemeinsam.

Er guckt ins System und ich sehe schon an seiner Miene, dass ich keinen Flug mehr bekomme, der rechtzeitig in Frankfurt landet, damit ich meinen Flieger nach Sao Paulo noch bekomme. Ich hatte mit dem gecancelten Flug mal gerade eine Stunde und fünf Minuten. Er bucht mich nach gut 20 Minuten Suche auf den nächsten Flieger nach Frankfurt, der mir aber nur eine halbe Stunde Zeit zum Umsteigen lässt. Mir ist da schon klar, dass ich heute nicht mehr im Flieger nach Brasilien sitzen werde. Innerdeutsche Flüge haben vor allem abends IMMER Verspätung!

Mein Gepäck wird eingecheckt, ich trinke mit meinen Eltern noch schnell einen Saft, sage dann Tschüß und sehe nach der Gepäckkontrolle schon auf dem ersten Monitor, dass mein neuer Flieger nach Frankfurt statt um 20 Uhr nun für 20.30 Uhr angezeigt ist. Damit steht fest: ich schaffe den Flieger nach Sao Paulo nicht. Das Internet am Flughafen funktioniert und ich schicke Helen eine Email, dass ich erst einen Tag später als sie in Ciudad Del Este sein werde. Hoffentlich checkt sie ihre Mails auf dem Smartphone, wenn sie in Sao Paulo landet, denn sie ist schon abgeflogen und bekommt diese Nachricht in London nicht mehr. Und in Foz gibt es am Flughafen kein offenes Internet!

Der Flug nach Frankfurt hat am Ende 45 Minuten Verspätung. Die Hälfte der Passagieren im Flieger waren ebenfalls auf meinen ursprünglichen Flug gebucht. Genau wie ich, haben die meisten ihren Anschlussflug verpasst. Neben mir sitzt eine ehemalige Lufthansa-Mitarbeiterin aus dem Vertrieb und da ich Lufthansa mal als Kunden in der Agentur hatte, unterhalten wir uns angeregt. Ich ärgere mich darüber, dass ich online keine Flüge angeboten bekomme, die nachmittags schon von Hamburg abgehen und mir mehr Zeit beim Umsteigen in Frankfurt lassen. Man kann immer nur Flüge buchen, die einem mal gerade etwas über eine Stunde Umsteigezeit geben. Dabei sind die Flieger nachmittags fast alle halbleer, abends fliegen halt die Geschäftsleute. Das kann man doch mal ändern, oder?

Na ja, ich füge mich meinem Schicksal und schließe mich den anderen in Frankfurt auf der Suche nach einem Schalter an, der uns ein Hotel bucht. Das Kundenzentrum ist um 22 Uhr geschlossen! Wirklich? In Frankfurt? Einem der Hauptflughäfen in Europa! Doch vorne in der Eingangshalle sind 10 Schalter mit Personal bestückt. Die Schlange der gestrandeten Passagiere ist lang! Ich erfahre nach einer Weile, dass wegen starker Winde eine Landebahn in Frankfurt gegen 18.00 Uhr geschlossen werden musste und das deswegen Flüge aus ganz Europa gecancelt wurden.

Wir werden sehr professionell der Reihe nach abgefertigt und ich bekomme ein kostenloses Zimmer im Sheraton Hotel direkt am Flughafen. Keine 200m vom Schalter entfernt. Super! Es ist inzwischen 23.30 Uhr, aber Lufthansa hat für alle Passagiere in einem Konferenzraum ein Mitternachtsbuffet aufgebaut. Reis mit Kalbsgeschnetzelten und Broccoli, Kuchen zum Nachtisch - echt lecker! Mein Zimmer ist auch super - inzwischen habe ich Gefallen an meiner Verspätung!

Da mein Weiterflug nach Sao Paulo am nächsten Tag erst um 21.50 Uhr geht, habe ich nach dem Frühstück Zeit am Computer zu arbeiten. Helen hat meine Mails nicht gelesen! Die wird sich wundern, wo ich bleibe! Ich checke um 13 Uhr aus und verbringe den Nachmittag im Flughafen. Lufthansa hat mir noch einen 10 EURO Gutschein für ein Essen gegeben, den ich in einem Thailändischen Restaurant verbrauche.

Das Internet ist gut und die Zeit vergeht recht schnell. Ich checke erneut meine Mails ... immer noch nichts von Helen! Oh, oh! Ich lasse den Rechner und Skype laufen, sie müsste eigentlich bald in Foz ankommen. Am Nachmittag ruft sie dann an. WO BIST DU, fragt sie mich? Noch in Frankfurt, sage ich. Sie hat sich inzwischen Sorgen gemacht, da sie mich in Sao Paulo nicht finden konnte. Aber die Umsteigezeit dort war zu kurz für sie, um noch einmal ihre Mails zu checken. In Foz hat ihr dann der Besitzer vom Kiosk seinen Internetzugang gegeben, damit sie mich anrufen kann. Am LATAM-Schalter konnte man ihr lediglich sagen, das ich gestern nicht auf dem Flug von Frankfurt nach Sao Paulo war. Na ja, jetzt weiß sie Bescheid.

Ich schlage vor, sie fährt zum Hotel in Ciudad Del Este, wo Winnietwo steht, und wartet dort auf mich. Blöd ist nur, dass ich den Schlüssel habe. Das Hotel hat zwar einen Ersatzschlüssel, mit dem man aber vielleicht gar nicht fahren kann ... wir wissen es nicht so genau, es ist eine von Steffen gemachte Kopie, die wir noch nicht ausprobiert haben. Der Original-Ersatzschlüssel mit dem Code wurde ihm mal geklaut. Ich habe außerdem unsere gesamten Brasilianischen Reals und die Paraguayischen Guaranís - Helen hat also kein Geld und muss sich das am Flughafen von Foz holen (kostet ein Schweinegeld an Gebühren hier!).

Mein Flieger nach Sao Paulo startet pünktlich, der Flug ist entspannt, das Essen ist lecker und ich schaue ein paar Filme. Nach 12 Stunden Flug (ohne Schlaf!) komme ich kurz vor 5 Uhr morgens in Sao Paulo an. Hier habe ich zum Glück 3,5 Stunden bis zum Weiterflug nach Foz. Ich habe hier beim ersten Flug nach Südamerika 2015 mal den Fehler gemacht, mein Gepäck nicht vom Band zu nehmen, um es wieder einzuchecken. Prompt kam es damals in Montevideo nicht an und wurde mit einem Tag Verspätung erst angeliefert. Dieses Mal habe ich weder bei der Immigration noch bei der Gepäckabgabe Probleme und anschließend noch über eine Stunde Zeit, bis mein letzter Flieger geht.

Der hebt pünktlich um 8.30 Uhr ab und ich bin schon guter Dinge, dass ich in weniger als zwei Stunden endlich in Foz lande. Denkste! 15 Minuten vor Voz wird der Flieger immer langsamer. Der Kapitän hält eine lange Rede auf Portugiesisch - ich verstehe lediglich das Wort Curitiba. Eine Englische Durchsage gibt es nicht ... hätte ich eh nicht verstanden, denn der Pilot spricht ein fürchterliches Englisch. Draußen sehen wir vor lauter Wolken nichts und die Maschine dreht ab. Na super, jetzt fliegen wir auch noch nach Curitiba, denke ich, und muss schon fast lachen.

In Curitiba scheint die Sonne! Wir landen, aber keiner steigt aus. Das Personal öffnet zwar die Türen, damit wir etwas frische Luft bekommen und die Maschine wird mit kalten Wasserflaschen und einer Süßigkeit versorgt. Eine Stunde lang vertreten wir uns im Gang die Beine, dann heißt es wieder Hinsetzen und Anschnallen. Es geht erneut nach Foz Do Iguaçu. Und wieder ist das Wetter totale Scheiße. Ich sehe aus dem Fenster diverse Blitze einschlagen ... nichts für meine schwachen Nerven! Ich hasse Fliegen und vor Blitzen habe ich auch Angst.

Im Anflug auf den Flughafen sehe ich das Naturschutzgebiet Tati Yupi. Den Staudamm und die berühmten Wasserfälle aber leider nicht. Stattdessen Regenwolken ohne Ende! Die Maschine hüpft im Seitenwind hin und her, ich kralle mich am Stuhl fest! Die Landung ist extrem wackelig und es liegen mindestens 5cm Wasser auf der Bahn - die Maschine hinterlässt einen langen Wasserschweif! Puh! Na ja, jetzt bin ich wenigstens schon mal da! Mein Gepäck zum Glück auch!

In der kleinen Gepäckhalle treffe ich auf mehrere Deutsche. Einer wird von einem Freund abgeholt. Ob sie mich bis Ciudad Del Este mitnehmen können? Nein, leider nicht. Dann ist da noch ein junges Deutsches Pärchen. Sie haben in Sao Paulo den Fehler gemacht, ihr Gepäck nicht aus- und wieder einzuchecken. Es kommt erst morgen! Sie sind Zeugen Jehovas und werden von ihrem Freund abgeholt. Ja, ich kann mitfahren, das Gepäck ist ja nicht da und somit Platz im Auto.

Wir fahren zur Shopping Mall südlich von Foz. Dort gibt es Internet und die Drei suchen nach einem Hotel für die Nacht. Ich schicke Helen eine Email, damit sie weiß, dass ich es endlich bis Foz geschafft habe. Für Ralph lohnt es sich nicht, mich bis zur Grenze zu fahren, ihr Hotel liegt gleich um die Ecke von der Mall. Da es draußen in Strömen regnet und ich viel Gepäck dabei habe, habe ich auch keine Lust in einen Bus zu steigen. Helen hat mir schon berichtet, dass der über eine Stunde braucht und man umsteigen muss. Das Gepäck durch das Drehkreuz im Bus zu bekommen, ist auch schwierig.

Ralph ist so lieb und fährt mich zum nächsten Taxi-Stand. Ich verhandle meinen Preis - 60 Reals. Leider nicht so gut wie vor vier Monaten, wo wir für nur 40 Reals von Ciudad Del Este bis zum Flughafen gefahren sind. Helen hatte gestern vom Flughafen aus aber nicht ein Angebot unter 100 Reals bekommen - die Busse kosten zusammen nur 9,50 Reals. Mir war es inzwischen auch egal. Ich bin todmüde!

Das Taxi fährt mich ohne Umwege direkt zum Hotel - ein netter Fahrer, der auch sehr gut Spanisch spricht, obwohl er Brasilianer ist. Um 16.45 Uhr hat die lange Anreise nach Südamerika endlich ihr Ende - ich bin wieder mit Helen zusammen und Winnietwo hat auch alles gut überstanden. Helen hat sich ein Zimmer genommen und wir bleiben noch eine weitere Nacht darin. Ich brauche dringend eine Dusche! 2 Tage ohne Deo unter den Achseln machen sich bemerkbar!

Anschließend gehen wir im angrenzenden Hotel was essen - Schweineschnitzel mit Bratkartoffeln - super lecker und genau das Richtige jetzt! Völlig erschöpft fallen wir um 21 Uhr ins Bett. Lange Flugreisen fallen uns von Mal zu Mal schwerer. Das Alter!

Morgens nach dem Frühstück machen wir uns zu Fuß zur Grenze auf. Dieses Mal sind wir gleich schlauer und nehmen das Fahrzeug gar nicht erst mit. Die Grenze ist nur einen Kilometer vom Hotel entfernt. Hinter der Brücke holen wir uns den Ausreisestempel für Brasilien und anschließend in der Paraguayischen Immigration den Einreisestempel für unsere Pässe. Jetzt brauchen wir nur noch das Papier fürs Auto, aber das Blaue Häuschen für die Aduana ist geschlossen. Ein junger Mann kommt uns zur Hilfe und holt den entsprechenden Beamten. Er ist total locker drauf und wir scherzen eine Runde auf Spanisch. Wo denn das Auto sei, fragt er anschließend? Wir erzählen ihm, dass wir das direkt zu unserem Hotel gefahren haben. Das stimmt ja auch. Es war allerdings vor 4 Monaten, aber das muss er ja jetzt nicht wissen! Hier an der Grenze ist ja immer der Teufel los. Er findet das sehr schlau und sucht erst einmal nach dem entsprechenden Formular - die Einreise von Ausländischen Fahrzeugen ist hier offensichtlich selten.

Ich lege ihm unseren Fahrzeugschein (die Kopie!) und meinen Reisepass hin. Leider hat der gute Mann seine Lesebrille vergessen und kann aber auch so gar nichts selbst lesen. Also lese ich ihm die Fahrzeugdaten vor. Wie schreibt man das, fragt er? Ich suche in unserem Rucksack nach einem Zettel und schreibe ihm alle Daten in Monsterbuchstaben auf den Zettel. Er grinst mich an und ist ganz begeistert, wie toll so eine Deutsche Frau mitdenken kann. Innerlich rollen wir mit den Augen! Nach 10 Minuten ist dann aber alles fertig - Buen viaje, Señoras!

Dann checken wir aus dem Hotel aus und machen Winnietwo fahrbereit. Batterien wieder anschließen, Plane runter, alles gut verstauen, Zündschlüssel rein ... er springt sofort an! Good old Winnietwo! Helen fährt um 14.15 Uhr im ersten Gang und voll auf der Bremse stehend die steile Auffahrt zum Hotelparkplatz runter. Mit Hilfe von GPS wühlen wir uns anschließend durch den Verkehr von Ciudad Del Este. Wir brauchen Geld und sind auf der Suche nach einem Western Union Büro. Die ersten beiden sind zu klein, sie haben die Millionen von Guaranís nicht auf Lager. Alle guten Dinge sind Drei und wir finden das Hauptbüro von Western Union. Ein Sicherheitsmann mit Gewehr steht an der Tür, die Mitarbeiter sitzen hinter feuerfesten Glasscheiben. Für meine 1000 Can$ bekomme ich über 4 Millionen Guaranís. Wenigstens ein Land, in dem ich mich Millionär schimpfen kann! ;-)

Nächster Stopp ist der große Super6 Supermarkt. Wir müssen erst mal wieder die Vorräte auffüllen. Ofenfrisches Ciabatabrot bekomme ich auch - das Abendessen ist also schon mal gesichert. Gegen 17 Uhr verlassen wir dann Ciudad Del Este. Wir fahren nach Westen, denn wir wollen die nächste Zeit in Independencia bei Claudia und Uwe verbringen, die dort gerade das neue Haus von Bruno und Renate (zwei Schweizer) einhüten. Wann geht denn eigentlich jetzt hier die Sonne unter? Wir sind im Frühling auf der südlichen Halbkugel und die Tage müssten eigentlich länger sein, als auf der Nordhalbkugel.

Nach gut 100km fahren wir auf eine Tankstelle - wir brauchen Diesel. Die Sonne steht schon sehr tief (kurz vor 19 Uhr) und wir beschließen spontan die Nacht hier zu verbringen. Die Tankstelle inklusive Ein- und Ausfahrt ist geteert. Warum erwähne ich das? Weil das normalerweise nicht der Fall ist. Meistens muss man von der geteerten Hauptstraße auf den roten Sand runter und dieser ist im Moment durch die vielen Regenfälle totaler Matsch. Unser Auto ist aber von der Waschanlage vor 4 Monaten immer noch sehr sauber, wir haben also keinen Bock auf roten Schlamm unter den Reifen. Es sind die Kleinigkeiten, die beim Reisen unsere Entscheidungen bestimmen. Einen Sicherheitsmann mit Waffe und gutes WiFi gibt es auch und die Nacht ist angenehm ruhig.

Am nächsten Vormittag müssen wir noch 190km fahren. Auf einer anderen Tankstelle komme ich mit einem Argentinischen Paar ins Gerede. Sie haben sich einen Bulli in den USA gekauft und sind am Basteln. Der Motor springt seit 2 Tagen nicht an und sie sind auf der Tanke gestrandet. Lucas hat aber Ahnung von Motoren und meint das Problem erkannt zu haben. Eine neue Zündverteilerkappe muss her. Wir fahren ihn zu einer Werkstatt - es ist wahnsinnig heiß heute und er freut sich, dass er das nicht zu Fuß laufen muss.

Mit Uwe haben wir uns für 14 Uhr in Independencia verabredet. Er kommt uns mit dem Pickuptruck von Bruno und Renate entgegen, damit wir uns auf den letzten 4km vom Ort bis zum Grundstück nicht verfahren. Wir sind pünktlich um 14.05 Uhr da und ich finde Uwe im Almacen 50, dem hiesigen Supermarkt. Da wir gestern erst eingekauft haben, laufe ich schon mal zum Bäcker rüber. Erika, die Besitzerin, ist Deutsche und eine Institution hier. Laut Uwe macht sie den Weltbesten Käsekuchen. Der ganze Kuchen kostet 70.000 Guaranís (etwa 11 EURO). Man kann auch einzelne Stücke kaufen á 6.000 Guaranís. Allerdings schneidet Erika den Kuchen in 16 Stücke ... das macht also 16 x 6.000 Guaranís ... rechne, rechne ... = 96.000 Guaranís. Ein Selbstgänger ... wir nehmen gleich den ganzen Kuchen. Käsekuchen mit Pfirsichen obendrauf. Es gibt auch die Himbeer- und Erdbeervariante ... gut, dass wir eine Weile hier sind! Habe ich eigentlich oben erwähnt, dass ich in Kanada 5kg abgenommen habe? 58kg auf der Waage - das hatte ich zum letzten Mal mit 25, oder so!

Während wir auf Uwe warten, kommt eine Frau angerannt. Auf Deutsch sagt sie uns, dass sie schon von uns gehört hat - wir sind die Deutsche und die Engländerin und Uwe ist im Almacen 50. Wir können gerade noch sagen, dass ich ihn schon getroffen habe und schon ist sie wieder weg. Häh, wer war das denn? Wir erfahren später, dass das Sylvia aus Hamburg ist. Sie lebt nebenan von Bruno und Renate und ist schon seit einigen Jahren hier.

Independencia ist eine von vielen Deutschen Mennonitenkolonien hier in Paraguay. Fast jeder spricht Deutsch. Es gibt einen Deutschen Bäcker, einen Deutschen Schlachter, mehrere Deutsche Lokale, einen Deutschen Friedhof, einen Deutschen Sportverein, eine Deutsche Schule usw. Der Ort liegt mitten im Land und ist von Feldern umgeben - Kühe grasen hier überall. In sichtbarer Ferne gibt es eine 600m hohe Bergkette, alles ist unglaublich grün, sehr sicher und ruhig. Ein echter Wohlfühlort ohne Großstadtstress oder Lärm!

Ich nehme den kostbaren Käsekuchen auf den Schoß und wir folgen Uwe auf der roten Sandstraße zum Haus von Bruno und Renate. Der Feldweg ist eng, bei Gegenverkehr muss ein Fahrzeug fast in die Böschung, etwas sandig, an einigen Stellen müssen wir durchs flache Wasser, aber ansonsten ganz okay zu befahren. Gestern hat es hier noch geregnet, aber in der heißen Sonne ist alles schnell abgetrocknet.

Uwe erzählt uns später, dass Bruno hier mal mit seinem dicken MAN Truck im Regen auf der Schräge ins Rutschen gekommen ist, weil er einem entgegenkommenden Motorradfahrer ausweichen musste. Der Truck wiegt bestimmt gute 10 bis 15 Tonnen und ist in den 50cm hohen Graben auf der rechten Seite gerutscht. Nur mit Hilfe eines Traktors konnte er da wieder rausgezogen werden.

Mia und Claudia warten schon auf uns! Mia ist ja hier schon fast 6 Monate lang zuhause. Bruno und Renate haben auf sie aufgepasst, während Claudi und Uwe in Deutschland zu Besuch waren. Wir fühlen uns auch gleich wie Zuhause. Winnietwo steht wunderbar auf dem ebenen Kiesplatz, den Bruno und Renate extra für Wohnmobile angelegt haben - Strom- und Wasseranschluss inklusive. Für Camper gibt es auch ein eigenes Badezimmer mit einer tollen Dusche. Und neben der Garage hat Bruno noch eine Dumpstation gebaut. Man merkt, die beiden sind seit vielen Jahren auf Reisen und wissen, was echter Camper-Luxus ist. Offiziell ist das hier aber kein Campingplatz.

Das Grundstück trägt den Namen "Yvy Yvytu", was übersetzt "Viel Wind" auf Guaraní heißt. Davon merkt man allerdings heute gar nichts - es weht kein Lüftchen und die Nachmittagssonne ist heiß. Das hält Mia aber nicht davon ab Ball spielen zu wollen.

Aber sie muss warten, denn wir haben Kaffeedurst! Der Käsekuchen wird angeschnitten, Kaffee und Cappuccinos zubereitet und dann sitzen wir ganz gemütlich draußen auf der überdachten Veranda unter einem Ventilator, der uns ein wenig frische Luft zufächelt. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf die Umgebung und die Berge. Ein wirklich schönes Fleckchen Erde hier!

Anschließend zeigen uns Claudi und Uwe den kleinen Wald auf dem Grundstück. Was vor ein paar Monaten noch undurchdringbarer Dschungel war, lässt sich heute wunderbar belaufen, denn Uwe und Claudia haben hier vor ein paar Monaten einen Wanderweg angelegt. Mit Harken, Schaufeln und Motorsense bewaffnet, wurde hier in einer Schweißtreibenden Arbeit das Gestrüpp entfernt und der etwa 500m lange Weg bis auf den Sanduntergrund freigelegt. Nicht nur Renate ist begeistert davon. Die Kühe von Manuel, dem Gärtner, freuen sich auch über den Schatten im Wald und nutzen den Weg täglich, was allerdings den Nachteil hat, dass Manuel oder Uwe diesen ständig von braunen "Landminen" befreien müssen.

Vor dem Abendessen springen wir in den Swimmingpool - die Wassertemperatur ist erstaunlich kalt - nur 24°C. Brrrr! Aber die Erfrischung tut richtig gut. Claudi hat noch Gulaschreste von gestern übrig und wir kochen die berühmten und leckeren Hasta La Pasta Bandnudeln dazu. Vor 23 Uhr kommen wir alle nicht ins Bett.

Eigentlich hätten wir auch im Gästebungalow übernachten können, aber wir schlafen eigentlich lieber in unserem eigenen Bett. Außerdem gibt es hier schon wieder so einen verrückten Vogel, der ständig in die Fensterscheibe vom Bungalow fliegt. Das Problem hatten wir schon bei Hasta La Pasta und es nervt total, wenn alle zwei Minuten etwas gegen das Fenster knallt ... und das vom ersten Tageslicht an bis die Sonne untergeht! Claudi versucht in den nächsten Tagen mit geschnittenen Plastiktüten an den Fenstern den Vogel davon abzubringen, denn er scheißt die ganze Veranda voll. Aber die Drossel hat einen echten Vogel und lässt sich davon nicht stören.

Wenigstens knallt uns dieses Mal kein Vogel in die Wohnmobilscheiben und da es hier unglaublich ruhig ist, schlafen wir jeden Tag aus. Das hat mir in Kanada wirklich gefehlt! Da musste ich zum Kirschenpflücken immer um 1 Uhr morgens, und zum Apfelpflücken um 6 Uhr morgens aufstehen. Uns weckt in der Regel hier nur die Hitze oder das Geräusch vom Rasenmäher (Manuel ist alle 2 Tage damit unterwegs, da der Rasen hier wie Sau wächst).

Oder Mia, wenn sie ungeduldig auf uns wartet, damit wir mit ihr Ball spielen. Einmal ist es so heiß im W2, dass Helen sich aus dem Bett quält, um die Seitentür zu öffnen, damit wir den frischen Wind abbekommen. Kaum liegt sie wieder im Bett, erscheint Mias lange Nase unter dem Moskitonetz. Sie guckt uns erwartungsvoll an. Wir sagen artig Guten Morgen, machen aber keine Anstalten aufzustehen. Mia sieht das und hüpft ins Wohnmobil. Sie dreht eine kleine Runde - Schwanz und Körper wackeln freudig vor sich hin - und schon ist sie wieder draußen. Dann hören wir, wie der Tennisball ungeduldig auf den Boden geschmissen wird. Helen erbarmt sich und steht wieder auf. Der Ball liegt unter dem Womo und Helen muss erst einmal auf die Knie, um ihn raus zu holen. Was wir nicht alles für die süße Mia tun! Sie hat uns voll um ihre kleinen Pfoten gewickelt!!! Helen ist ja ansonsten nicht unbedingt ein großer Freund von Hunden, aber Mia liebt sich über alles. Wer tut das nicht! Helen ist in England extra in einen Tierladen gegangen und hat drei Tüten Hundeleckerlis für sie gekauft.

Claudi und Uwe stehen viel früher auf als wir und haben mit Mia schon die Runde im Wald gedreht. Sie schlafen im Haus und sind aktiv dabei ihr Wohnmobil von oben bis unten komplett zu reinigen. Nach 8 Jahren Reise durch Nord-, Mittel- und Südamerika bietet sich jetzt die Gelegenheit mal alles unter dem Dach der Garage auszuräumen, zu sortieren und zu reinigen. Man glaubt ja gar nicht, was man in all den Jahren so ansammelt. Wir erben ein paar Werkzeuge, die wir noch nicht haben, und zwei Badminton-Schläger.

Uwe baut fast jedes Teil der Maschine aus und reinigt es akribisch. Metallteile werden abgeschliffen und neu lackiert, Gummiteile werden mit Fett eingerieben usw. Die Maschine sieht am Ende aus wie Fabrikneu - kein einziger Staubkorn, kein einziger Fleck Öl sind zu sehen! Uwe, haste nicht Lust unsere Maschine zu machen? Claudi bastelt derweil an Ventilatoren für die Dachluke und das Schlafzimmer. Sie hat sich aus Deutschland super leise PC-Ventilatoren mitgebracht. Man hört sie tatsächlich Null, aber leider ist die Drehgeschwindigkeit und damit der Luftzug zu gering.

Frühstücken tun wir in den nächsten 4 Wochen immer gemeinsam. So gegen 10 Uhr morgens auf der Veranda. Auf dem Grundstück stehen massenhaft Orangenbäume, allerdings sind nur bei zwei Bäumen die Orangen süß genug zum Auspressen - die anderen 10 Bäume sind zu sauer. Die Orangen fallen zu dieser Jahreszeit massenhaft von den Bäumen und Manuel muss sie jeden Tag Schubkarrenweise einsammeln und auf den Scheiterhaufen schmeißen. Wir pressen jeden Morgen 2 Liter aus und die Schalen werden auf die Kuhweide geschmissen. Kühe und Loca (das Pferd) lieben sie! Wussten wir gar nicht!

Wir machen uns fast immer Obst, Joghurt und Müsli. Claudi und Uwe essen 2 Tage lang Brot und dann einen Tag Quark mit Früchten im Wechsel. Mia kann es gar nicht erwarten den Joghurt- oder Quarkbecher auszulutschen. Zum Totlachen, wie ihre lange Schnauze im Becher verschwindet.

Ich habe für Winnietwo aus Deutschland Moosgummi und Almaflex mitgebracht. Das Moosgummi ist eine Empfehlung von Regula. Sie hat einen VW Bus und da hat es auch immer bei Regen durch die Hinter- und Seitentür getropft oder der Staub von den Sandstraßen ist eingedrungen. Ich mache mich gleich daran und entferne das alte Isolierband an unseren Türen. Den Kleber bekomme ich nur mit Hilfe von Terpentin ab. Als erstes dichte ich dann die Hintertür mit dem Ersatzreifen mit dem 3mm Moosgummi ab. Sie schließt anschließend deutlich besser und es ist auch kein Spalt in der Mitte der beiden Türen mehr zu sehen. Kaum bin ich damit fertig, regnet es in Strömen. Das Moosgummi hält, was es verspricht - allerdings kommen immer noch ein paar Spritzer durch die obere Kannte in der Mitte, wo die beiden Türen überlappen. Das lässt sich aber beheben.

An der Seitentür bringe ich das 5mm Moosgummi an. Damit schließt die Tür 100% mit dem Türgummi in der Öffnung ab und wir haben keinen Luftzug mehr. Super! Allerdings mache ich den Fehler das Moosgummi beim Ankleben etwas zu stretchen. Bei Kälte zieht es sich zusammen und im Laufe der ersten Woche bricht das Moosgummi oben an zwei Stellen. Außerdem hält der Kleber irgendwie nicht - dieses Problem hatte ich mit dem 3mm Moosgummi nicht. Der Kleber bleibt zwar auf dem Metall, aber hält auf dem Moosgummi nicht mehr. Ich besorge mir beim Almacen 50 einen UHU-Sekundenkleber und damit klebe ich alles wieder zusammen. You live and you learn! Dennoch leckt es bei starkem Regen durch die eine Bruchstelle oben. Da muss ich mir noch was einfallen lassen.

Armaflex ist eine Schaumgummirolle, die ebenfalls eine Klebefolie auf der Rückseite hat. Ich habe im Internet diverse positive Berichte dazu gelesen. Armaflex soll eines der besten Isoliermatten für den Innenausbau von Wohnmobilen und Transportern sein. Bei Amazon Deutschland habe ich vor Monaten 3 Quadratmeter bestellt. Ich musste die Rolle am Flughafen Hamburg oben auf meiner Reisetasche mit einschweißen lassen, damit sie mir nicht verloren geht oder gar als zweites Gepäckstück bewertet wird. Gewogen hat sie fast nichts, aber das Volumen von 3 Quadratmetern war schon enorm, denn der Schaumstoff ist gut 1cm dick.

Oberhalb der Fahrerkabine von Winnietwo haben wir ein kleines Alkovenfach. Die nackte Stahlwand wurde nie abgedichtet und sorgt entweder für eine Affenhitze im Fach oder die Kondensation an sehr kalten und regnerischen Tagen ist so hoch, dass wir Papierrollen über die komplette Breite auslegen mussten, damit es nicht in den Fahrerraum tropft. Armaflex lässt sich super gut zuschneiden. Ganz wichtig, denn das Alkovenfach ist abgerundet. Nachdem ich alles ausgemessen und mir Schablonen aus einer Plastikfolie gemacht habe, schneide ich das Armaflex passgenau auf die entsprechenden Stücke zu. Es lässt sich ohne Probleme verkleben - der Kleber hält wunderbar. Das Ganze ist innerhalb eines Nachmittags fertig und ich bin total happy über das Resultat. Die Hitze wird schon mal wunderbar abgehalten. Wie es dann mal mit der Kondensation ist, werden wir erst feststellen können, wenn wir wieder in kältere Regionen kommen.

Damit sind unsere Reparaturen fürs erste beendet. Jetzt müssen wir nur noch den Rost machen lassen. Die 4 Monate Einlagerung in Ciudad Del Este haben Winnietwo gar nicht gut getan. In der hohen Luftfeuchtigkeit sind die Türschwellen total verrostet. Faustgroße Löcher sind dort inzwischen zu sehen. Auch an der Hintertür und um die Fensterrahmen hat der Rost zugenommen. Da wir das nicht selbst machen können, werden wir das bis Weihnachten in Asuncion machen lassen. Wir haben von einem anderen Deutschen da schon einen super Tipp für eine tolle Werkstatt bekommen. Hier in Independencia hätte man es auch machen lassen können, aber die Werkstatt hat keine Halle und das tägliche Fahren auf der Sandstraße ist auch nicht das Richtige für uns. Uwe lässt dort aber seine Felgen machen. Die sehen echt spitze aus und pro Felge zahlt er keine 20 EURO. Wir haben zum Glück Alu-Felgen, die nicht rosten. Nur die beiden Ersatzreifen haben Stahlfelgen. Die lassen wir dann bei der Rostwerkstatt in Asuncion gleich mitmachen.

Die Tage vergehen hier wie im Flug - irgendwie sind wir immer beschäftigt. Dank einer guten Internetverbindung können wir endlich wieder Fußball-Bundesliga gucken. Uwe ist ja Nürnberg-Fan und wir schauen natürlich weiterhin gespannt darauf, was denn unser HSV so macht. Kaum zu glauben, aber schon wieder wird dort der Trainer entlassen, obwohl Christian Tietz nur 2 Punkte hinter der Tabellenspitze liegt. Hannes Wolf wird neuer Trainer und gewinnt auch gleich die ersten vier Spiele. HSV ist Erster in der Tabelle! Yeepeh! Aber es kommen noch viele Spiele. Uwe ist total entgeistert, dass Horst Hrubesch im Pokal den HSV gegen Nürnberg auslost. Wir finden das super! Dann kommt wenigstens eine Mannschaft weiter. Das Spiel ist aber erst Anfang Februar - da kann also noch viel passieren.

Claudi und ich wechseln uns beim abendlichen Kochen ab oder wir bereiten gemeinsam etwas zu. Das macht echt Spaß - zumal wir teilweise auf frische Kräuter und Gemüse aus dem eigenen Gemüsegarten zugreifen können. Renate hat da so einiges angepflanzt und Claudi schaut täglich nach, was wir denn so ernten können. Frischen Basilikum, Rucola, Spinat, Cherry-und Roma-Tomaten, Kürbisse, Karotten, Kartoffeln, Lauchzwiebeln, Bohnen, Petersilie und ein paar Dinge, die wir gar nicht kennen aber mal ausprobieren. Uns gehen die Kochideen nicht aus. 4 Wochen lang schaffen wir es jeden Abend was anderes zu zaubern - nur die Gorgonzola Pizza mache ich ein zweites Mal, aber dieses Mal mit Spinat statt Rucola. Helen macht natürlich auch ein Shepherd's Pie und ihren berühmten Kartoffelgratin - schließlich haben wir hier ja einen tollen Ofen! Uwe ist total happy - er isst einfach alles und genießt seine vier Frauen (Mia ist da aber mit Abstand seine Liebste!!!) in vollen Zügen. ;-)

Claudi liebt es zu kochen, aber Backen ist nicht so ihr Ding. Da trifft es sich gut, dass ich super gerne backe. Auch wenn wir mit Erika eine tolle Bäckerin im Ort haben, auf die Dauer sind es dann doch immer die gleichen Torten- und Kuchenstücke und die gehen ins Geld, denn keiner von uns Vieren will auf das tägliche Kaffee und Kuchen gegen 15.30 Uhr verzichten. Da muss ein wenig Abwechslung rein, denke ich mir, und mache gleich eine Fuhre Franzbrötchen. Die kennt außer uns Hamburgern kaum jemand in Deutschland. Ich frage mich immer WARUM?

Hefeteig war früher mal eine echte Spezialität von mir, aber ich habe den in den letzten Jahren gar nicht mehr gemacht, da Helen mit frischer Hefe Probleme hat - Gichtanfälle. Gelingt der mir überhaupt noch? In Kanada habe ich mich mal an Franzbrötchen versucht, aber die Trockenhefe war laut Packung schon 2006 abgelaufen und der Teig ging tatsächlich nicht auf. Ich schaue bei Chefkoch.de nach einem geeigneten Rezept und lege los. Der Teig ist eine Stunde später wunderbar im Ofen aufgegangen und lässt sich auf der Marmorarbeitsplatte gut ausrollen. Butter, Zucker und reichlich Zimt drauf ... das ganze von der kurzen Seite her aufrollen und in Trapeze schneiden ... ab aufs Blech und dann für 15 Minuten im Ofen backen. Noch warm werden sie zum Kaffee serviert und sind gleich ein echter Hit! Super lecker! In den kommenden 4 Wochen backe ich Franzbrötchen ohne Ende. Sie lassen sich ja auch super einfrieren und Sylvia - unsere Nachbarin aus Hamburg - ist auch ganz begeistert.

Alle paar Tage nutze ich zum Backen den Ofen. Bananen-, Zitronen-, Karotten- und einen super leckeren Apfelkuchen. Es duftet immer herrlich im Haus und dann kommt auch noch die leckere Vanille- oder Zitronencreme oben drauf. Erika vermisst ihren besten Käufer (Uwe!) schon und wundert sich bestimmt, wo der bleibt.

Uwes abendlicher Sport zur Verdauung besteht aus dem Kröten-Weitwurf. Die Insekten werden im Dunkeln von den Außenlichtern auf der Veranda angelockt und damit kommen auch die riesigen Kröten. Schneiders Kröten versprühen ein Gift, wenn man sie ärgert ... und sie scheißen in den Pool! Grund genug, sie vom Grundstück zu entfernen. Uwe nimmt dafür die lange Stange vom Swimmingpool und schleudert sie im hohen Bogen über den Zaun ... PLATSCH! Der Bauchklatscher der Kröten bei der Landung ist deutlich auf dem Video zu hören!


Kröten-Weitwurf

René und Marion kommen uns besuchen. Sie liefern ihre letzten Nudeln in Independencia aus, denn das Nudelgeschäft geht nun an eine Frau in Altos über. Marion hat unsere und Claudis Großbestellung auch gleich mitgebracht. Ohne Hasta La Pasta Nudeln können wir nicht mehr leben! Wir freuen uns riesig, dass René auch dabei ist. Nach seinem Schlaganfall im Mai kann er jetzt schon ziemlich gut wieder laufen. Er arbeitet unglaublich hart mit seiner Physiotherapeutin, die mit ihm zweimal täglich Übungen macht. Toll! Hinter Marions Rücken lädt er uns für die nächste Woche zu Marions 60igsten Geburtstag ein - es soll eine Überraschungsparty werden.

Wir bekommen allerdings auch ungebetenen Besuch. Claudi ist in ihrem Wohnmobil und hört Mia in der Garage bellen. Ein Blick aus dem Fenster ... Mia steht direkt vor einer ca. 1m langen Schlange! "MIA, NEIN!", schreit Claudi. Gut, dass Mia so gut gehorcht, sie tritt sofort den Rückzug an. Gott sei Dank, denn es stellt sich heraus, dass es sich hier um eine hochgiftige Schlange handelt. Ihr Biss ist tödlich. Claudi macht ein Foto mit ihrem Smartphone und nimmt sich dann einen langen Stock, um die Schlange aus der Garage zu bekommen. Manuel schaut sich später das Foto an und bestätigt die Vermutung: Muy peligroso! Sehr giftig!

Einen Tag später liegen Claudi und ich auf den Sofas im Haus und blättern in Kochbüchern rum. Auf einmal ruft Claudi: "Scheiße! Die Schlange ist wieder da!" Und zwar direkt am Fenster vom Haus. Sie guckt uns an! Claudi springt wie eine Besenkte auf und schließt die Glastür. Die Fliegentür war zwar geschlossen, aber Schlangen finden immer einen Weg durch schmale Öffnungen. Anhand der weißen Punkte auf der Haut - ich erkenne später auf dem Video, dass es sich um Zecken handelt - weiß Claudi, dass es sich um die gleiche Schlange wie gestern handelt - also muy peligroso. Uwe geht auf die Suche nach Manuel. Keiner von uns mag Tiere töten, aber diese Schlange ist uns allen doch ein wenig zu gefährlich - vor allem für Mia, die ja immer sehr neugierig ist. Manuel macht dann mit ihr auch kurzen Prozess und erschlägt sie mit einem langen Bambusstab.


Hochgiftige Schlange kommt zu Besuch

Eine Woche später entdeckt Uwe in der Garage eine ebenfalls hochgiftige Korallenschlange. Sie muss sich im Holzstapel versteckt haben. Uwe scheucht sie raus und sie verschwindet im Gras unter dem Bagger. Oh, oh ... hoffentlich kriecht sie dort nicht unter den Sitz oder so. Bewaffnet mit Bambusstangen durchsuchen Claudi und ich das Gras. Uwe schaut sich genau den Bagger an, bevor er damit eine Runde dreht. Die Schlange ist nicht wieder aufzufinden und hält sich auch vom Haus fern. Wir sind jedenfalls gewarnt und gucken abends im Licht der Taschenlampen genau hin, wenn wir zum Winnietwo im Dunkeln laufen.

Der Sternenhimmel hier ist übrigens fantastisch. Independencia ist weit genug weg und kein künstliches Licht stört hier den Blick nach oben. Eines Abends sehe ich direkt über uns sogar für gut 3 Sekunden eine Sternschnuppe, die dann in einem kleinen Feuerball in unserer Erdatmosphäre verglüht. Das habe ich so noch nie vorher gesehen.

Ein paar Tage lang beschäftigt uns die Frage: Was schenken wir Marion zum Geburtstag? Und Regula? Die hat ihren nur einen Tag später. Helen hat die Idee für einen Massage-Gutschein. Das kann Marion bei dem vielen Stress bestimmt gut gebrauchen. Claudi durchforstet das Internet nach Bastel-Ideen für den Gutschein. Eine Bambus-Variante gefällt uns gut, denn Bambus haben wir hier auf dem Grundstück ohne Ende. Zu dritt fahren wir nach Independencia und werden im Almacen 50 fündig - ein schicker Bilderrahmen, eine weiße Filzunterlage, transparentes Geschenkpapier ... daraus lässt sich bestimmt was basteln.

Wieder Zuhause schneidet Claudi ein paar Bambusstangen ab, ich gehe später noch mal zur Straße und finde ein paar größere auf dem Boden. Wir sägen uns ein paar Stücke zurecht und überlegen dann gemeinsam, wie wir die am besten auf dem Bilderrahmen anordnen. Dank Heißpistole von Claudi und UHU von uns wird alles zusammengeklebt. Claudi kreiert noch ein paar Handtücher und Helen schreibt den Text auf geschnittene Bambusschale. Dann heißt es nur noch Daumen drücken, dass auch alles kleben bleibt. Claudi ist ständig am Testen und prompt löst sich der Kleber wieder. Finger weg, Madame! Das wird über Nacht schon trocknen. Vorsichtig unterzeichnen wir noch den Gutschein und schieben das Geld unter die Bambusstäbe. Sieht super aus! Und hat echt Spaß gemacht!


Wir basteln einen Gutschein für Marion

René hat uns und einige andere Gäste nach Caacupé in ein Restaurant eingeladen. Es wird von einem Deutschen geführt und ist recht klein, deswegen will René vorab wissen, ob wir lieber Fleisch oder Lachs zum Mittagessen haben möchten. Wir warten mit der Antwort bis zur letzten Sekunde, denn der Wetterbericht für den Dienstag sieht total Scheiße aus.

Da Uwe mit Mia hier bleibt, fahren wir mit Winnietwo und nehmen Claudia mit. Bei Regen wird die Straße nach Independencia aber glatt wie Schmierseife - im Seitengraben wollen wir nicht landen! Wir hatten ab und an nachts schon wieder Regen und die Straße, auf der wir mit Uwe reingefahren sind, ist inzwischen für uns unbefahrbar - zu viele tiefe Fahrrillen und an der kleinen Brücke sind rechts und links Stücke weggebrochen. Da kommen wir nicht mehr durch. Es gibt aber noch eine zweite Variante, die nur einen Kilometer länger ist. Das Problem bei dieser Strecke ist allerdings ein etwa 200m langes Stück, dass im 25°-Winkel runter zur neuen Brücke führt. Oben ist alles reiner Sand. Der wird zwar feucht und tief, lässt sich aber dennoch befahren. Auf der schrägen Abfahrt ist aber ein Tonbelag und der ist rutschig wie Sau.

Montagabend bezieht sich der Himmel ... oh, oh, das sieht nicht gut aus! Dennoch bleibt es über Nacht trocken. Wir verlassen mit Claudi um 8.30 Uhr das Grundstück - Mia ist total traurig, denn sie darf mal wieder nicht mit. Schnief! Claudi macht es sich hinten im Winnietwo bequem und platziert vorsichtig unser Geschenk auf der Bank - gesichert durch ein Kissen. Erstaunlicherweise ist noch nichts abgefallen! Der Sand-, Tonweg ist noch trocken und wir kommen ohne Probleme raus. In Independencia tanken wir noch Diesel und holen den Pfirsichkäsekuchen für Regula ab - Uwe hatte ihn am Samstag noch für uns bestellt.

Kaum haben wir Independencia verlassen, bricht der Himmel über uns zusammen - es regnet in Strömen - stundenlang! Helen muss sich auf der 175km langen Fahrt nach Caacupé extrem konzentrieren, denn die Schlaglöcher sind mit Wasser gefüllt und die Sicht ist bescheiden.

Wir kommen dennoch super pünktlich beim Restaurant in Caacupé an. Außer uns ist noch keiner da, aber Marion parkt keine 5 Minuten später vor dem Restaurant. Sie strahlt über beide Backen! Das etwas für sie geplant war, hatte sie sich natürlich schon gedacht. Leider spielt das Wetter überhaupt nicht mit ... es plattert und plattert. Albert, der Koch und Besitzer vom Restaurant, hat in der Hinterstube für uns Tische gedeckt. So langsam trudeln auch die anderen Gäste ein, die wir aber bis auf Regula nicht kennen. Marion freut sich über die Geschenke und ist begeistert von unser Basteleinlage. Man versteht aber kaum sein eigenes Wort, denn der Regen prasselt extrem laut auf dem Metalldach über uns.

Das Essen ist total lecker - gemischter Salat (bei mir rollt die rote Bete gleich auf die schneeweiße Tischdecke ... ooops!), gefolgt von Schweinefleisch mit Spätzle oder Lachs mit Reis und Dillsoße. Vor dem Nachtisch (Obstsalat in einer Ananasschale mit Mousse-au-chocolat) kommt der Julio Iglesias von Paraguay mit seiner Heimorgel und singt uns ein paar Schnulzen vor. Wir schunkeln lachend mit und singen Marion ein Geburtstagsständchen.

Für ein Foto hält mir Regula den Nachtisch hin. Sie kippt dabei den Teller nach vorne und die Obstsalatflüssigkeit schwappt auf die Tischdecke - ein riesen Fleck! Wir sind am Wiehern! Unser Tisch sieht aus wie Sau! Zum Abschluss genießen wir noch einen sehr leckeren Cappuccino mit einer Sahnehaube.


Marions Geburtstagsfeier zum 60igsten

Anschließend fahren wir zu Hasta La Pasta. Inzwischen hat es fast aufgehört zu regnen, aber die Straßen sind überschwemmt. Für die 3km Sandpiste brauchen wir alleine fast 20 Minuten. Außer Regula steht nur ein einziger Camper auf dem Platz. Es ist schön wieder hier zu sein und wir stellen uns direkt neben Regula. Claudi bekommt eines der Bungalowzimmer und wir gucken uns zum ersten Mal das neue Duschhaus für die Camper an - das war bei unserem letzten Mal noch nicht ganz fertig. Obwohl wir eigentlich noch pappsatt sind, kochen wir uns eine Tasse Tee und Regula holt leckere Zimtkekse raus. Abends sitzen wir dann unten noch bei Marion und René im Restaurant zu einer Brotzeit und einem Glas Wein zusammen - ich trinke lieber ein Bier und Helen eine Tasse Tee.

Regulas Geburtstag fängt mit einem leckeren Frühstück an - gefolgt von einer Rüblitorte, die sie einen Tag vorher gebacken hat. Anschließend drehen wir zusammen mit Pia und Arkas (was für ein lieber Hund!) eine Runde. Die Sandstraße ist inzwischen abgetrocknet und es regnet heute nicht mehr. Claudi hatte gestern Abend von Uwe noch eine WhatsApp bekommen. Er musste für Bruno zur Bank fahren und ist auf der steilen Abfahrt fast in den Graben gerutscht - und das mit Untersetzung und Allrad! Gut, dass wir vorher noch rausgefahren sind.

Wenn man nur am Essen ist, hat man schnell wieder Hunger. Regula kocht den Kaffee und wir schenken ihr den Käsekuchen. Pia, Werner und Marion gesellen sich zum Kaffeeklatsch dazu. René muss noch seine täglichen Übungen machen. Anschließend entspannen wir uns, denn um 17 Uhr müssen wir schon wieder unten im Restaurant sein. Marion hat ein Schweizer Käse-Fondue zur Feier des Tages vorbereitet. Es wird mit reichlich Weißwein und Kirschschnaps gemacht. Bier und Wein runden das Essen ab und wir sind anschließend leicht erheitert und total vollgefressen. Käse schließt ja bekanntlich den Magen.


Regulas Geburtstag

Kurz vor 21 Uhr ziehen sich alle in ihre Behausungen zurück. Wir gucken uns auf YouTube Carpool mit Barbara Streisand und anschließend mit Paul McCartney an. Es ist immer wieder unglaublich, wie toll James Cordon mit diesen Superstars mitsingen kann. Sein Englischer Humor ist einmalig. Extrem lustig und interessant! Wer die Sendung mit Michelle Obama noch nicht gesehen hat, sollte das mal tun. Genial!

Wie immer brauchen wir am nächsten Morgen eine Stunde für die Verabschiedung. Zwei Pakete Bandnudeln, zwei Pakete gefrorene Thüringer Würstchen und 12 Eier (frisch aus dem Hühner-Popo!) werden noch schnell gekauft. Wir kommen erst gegen Mittag los. Mia und Uwe warten schon auf uns! Dieses Mal nehmen wir die Route über Sapucai. In Villarica stoppen wir noch beim Super6 und in Independencia beim Almacen 50 zum Einkaufen.

Gestern hat es hier nicht geregnet und der erste Teil der Sandstraße ist noch okay. Hinter der Brücke biegen wir dann links auf den steilen Weg ab. Der Ton-Untergrund ist noch sehr feucht. Helen fährt im ersten Gang, aber wir kommen nur ganze 15 Meter weit. In einer tiefen Kuhle drehen unsere Vorderreifen durch. Wir haben ja Frontantrieb - was bei nassen Straßen eigentlich besser als Heckantrieb ist - wenigstens schmiert man dann hinten nicht weg. Aber der Ton klebt das Reifenprofil zu und Winnietwo zieht in der Steigung nicht mehr an. Helen bleibt nichts anderes übrig, als den Rückwärtsgang einzulegen - zum Haus kommen wir heute mit dem Auto jedenfalls nicht mehr.

Nicht so schlimm, denn wir waren für diesen Fall schon gewappnet. Unweit von der Brücke gibt es eine Tankstelle und den kleinen Supermarkt von Hilde, einer Deutschstämmigen Paraguayerin. Hier stehen Bruno und Renate auch immer, wenn die Straße zum Haus unbefahrbar ist. Claudi und ich packen Claudis Sachen zusammen, denn zu Fuß können wir ohne Probleme den letzten Kilometer laufen. Helen bleibt beim Auto.

Wir sind halb den steilen Hügel hoch, da klingelt Claudis Smartphone - Uwe macht sich schon Sorgen. Wir wühlen das Telefon aus dem Sack raus und bitten Uwe uns mit dem Allrad-Fahrzeug entgegen zukommen. Macht er auch. Mia rastet vor Freude fast aus. Endlich ist Mami wieder da! Ich fülle im Haus nur schnell eine Trinkwasserflasche auf und laufe dann wieder zu Helen zurück. Bei Hilde können wir uns unter das Dach von der Werkstatt stellen. Die ist im Moment nicht verpachtet. Super, denn für den nächsten Tag sind schon wieder Regenfälle angesagt.

Wir dürfen uns auch in eine Steckdose einstöpseln und haben Strom, um am Computer zu arbeiten. Ich muss eh viele Fotos und Videos bearbeiten und es fehlen immer noch zwei Webberichte zu unserer letzten Südamerika-Saison. Aber wir kochen uns erst einmal einen Cappuccino zur Entspannung und dazu gibt es Limonentörtchen von Erika.

Am nächsten Tag schüttet es - wie im Wetterbericht angesagt - aus allen Wolken. Unglaublich, was für Wassermassen hier jedes Mal runter kommen und die Straßen sind im Nu überschwemmt. Wir verbringen also eine zweite Nacht unter dem Dach - hier stehen wir ja trocken, ruhig und sicher.


Wassermassen ohne Ende

Ich habe seit vorgestern wahnsinnige Schmerzen am Oberschenkel. Feuerameisen-Bisse, die ich mir bei Hasta La Pasta geholt habe. Sie pieken wie Sau und der ganze Biss-Bereich ist angeschwollen. Hoffentlich bekomme ich da nicht eine schwere Entzündung. Besonders schlimm ist es nachts, wenn ich feucht zwischen den Beinen bin ... NEIN, nicht DIE Feuchtigkeit!!!! ... vom Schwitzen! Ich schlafe ja normalerweise in einer Embryonalhaltung, das geht aber mit den Bissen im Moment nicht. Jedes Mal, wenn etwas die Bisse berührt, wache ich vor Schmerzen auf. Es brennt und piekt wie Feuer! Ich versuche es erst mal mit einer Zinksalbe, aber die bringt gar nichts. Aus Hamburg habe ich aber noch eine Kortison-Salbe mitgebracht und die zeigt in den nächsten Tagen Wirkung. Die Bisse füllen sich nicht mehr mit Wasser und sind dadurch weniger prall und empfindlich. Wochenlang werde ich allerdings damit zu tun haben. Sport kann ich leider damit auch nicht machen, ich laufe eine Weile wie John Wayne herum ... breitbeinig!

Samstagmorgen weckt uns Hilde auf. Draußen scheint die Sonne und der Sandweg soll komplett abgetrocknet sein. Wirklich? Nach dem vielen Regen von gestern fast unvorstellbar. Ich laufe die Strecke vorsichtshalber vorher ab. Ja, das sieht gut aus! Eine Stunde später kommen wir ohne Probleme die Steigung hoch. Uwe, Claudi und Mia freuen sich, dass wir wieder da sind. Abends kocht uns Helen ihr leckeres Shepherd's Pie. Wenn wir einen Ofen haben, steht das ja immer auf dem Programm. Hackfleisch in einer Oxxo-Rinderbrühe mit Karotten und Erbsen. Oben drauf eine fette Lage gestampfter Kartoffelbrei, das ganze noch für eine halbe Stunde in den Ofen zum Überbacken, damit die Kartoffelhaube knusprig wird.

Am Sonntag sind wir mit Sylvia verabredet und fahren nach Independencia rein, um beim La Ola Restaurant zu Mittag zu essen. Uwe und Claudi wählen die Schweinehaxe mit Knödeln und Rotkohl, Sylvia und ich entscheiden uns für die klassische Currywurst mit Pommes und Helen nimmt eine Hühnerkeule mit Bratkartoffeln. Holger, der Besitzer und Koch von La Ola, ist ein Norddeutscher, der vorher als Schiffskoch gearbeitet hat. Seine Speisekarte ist nicht lang, aber dafür gut. Alles frisch und auf organischer Basis zubereitet.

Abends machen wir den fatalen Fehler und laden uns die Wort Guro App auf unser Smartphone. Claudi und Sylvia sind süchtig nach diesem Spiel. Es dauert nicht lange und wir sind es auch!!! Jede freie Sekunde nutzen wir zum finden der Wörter - für Helen gar nicht so einfach, denn es kommen viele Deutsche Wörter vor, die sie noch nie gehört hat. Allerdings sind auch eine ganze Menge dabei, die es meiner Meinung nach gar nicht gibt. Was soll den eine "Obfrau" sein? Den Obmann kennt man ja, aber die Obfrau? Muss Neue Deutsche Rechtschreibung sein! Oder "iktus", "umami", "Peplon" oder "addie"? Jedenfalls liegen wir so manche Nacht noch bis 1.30 Uhr morgens wach und rätseln an den Wörtern rum.

An einem sehr schönen Tag schlägt Claudi vor, dass wir einen Ausflug am Nachmittag machen. Laut Sylvia soll sich die Fahrt zum Mirador del Cerro Akati lohnen. Es handelt sich da um einen Aussichtspunkt in den nahe gelegenen Bergen auf gut 600m Höhe. Wir fahren in Brunos Truck, denn die steile Schotter- und Sandstraße lässt sich nur mit einem Allrad-Fahrzeug befahren. Mia darf auch mit und kann ihr Glück am Anfang kaum fassen. Wenn wir uns normalerweise zum Autofahren fertig machen, ist das meistens nur zum Einkaufen und da muss sie zuhause bleiben. Entsprechend hängen die Ohren schon runter und sie wendet uns demonstrativ den Hintern zu - eine echte beleidigte Leberwurst! Sie denkt erst, wir wollen sie verscheißern, merkt dann aber doch schnell, dass sie tatsächlich mit darf. Sie springt freudig auf die Rückbank und macht sich gleich breit - Helen und ich müssen sie erst einmal ein bisschen zurecht schieben, damit wir auch noch Platz finden.

Uwe ist anfänglich happy zu fahren, aber da hat er auch noch keine Ahnung, wie anstrengend die letzten 15km zum Aussichtspunkt sein werden. Es geht nämlich über Stock und Stein. Der einspurige Weg hat es in sich, vor allem ganz oben. Die letzten 2km sind sehr steil und lassen sich nur mit Untersetzung und Allrad bewältigen. Ein Geschaukel ohne Ende! Wir kommen gerade mal im Schnitt mit 9km/h voran und die Anfahrt dauert über eine Stunde.

Entsprechend wenig Zeit bleibt uns oben, um die Aussicht zu genießen. Es ist deutlich kühler hier und wir haben den Mirador ganz für uns alleine - zahlen allerdings auch 20.000 Guaranís pro Person (etwa 3 EURO) dafür. Unser Picknick mit Claudis Nudelsalat und meinem Karottenkuchen ist sehr lecker. Hoffentlich wird beim Runterfahren keinem schlecht von uns. Nach nur einer halben Stunde müssen wir leider wieder abfahren, ansonsten droht die Dunkelheit - auf dieser Strecke nicht gerade ratsam! Wir Damen laufen den ersten Kilometer zu Fuß - ein kleiner Verdauungsmarsch und Spaziergang mit Mia. Uwe ist mit dem Auto eh nicht schneller und fährt im ersten Gang langsam die steilen Stücke wieder runter.

Gut, dass wir überhaupt keinen Gegenverkehr haben! Es ist Donnerstag, am Wochenende ist hier bestimmt mehr los. Wir passieren kleine Höfe und sogar eine etwas größere Hotelanlage, ansonsten ist aber nicht viel los oder zu sehen. Die Einheimischen haben ein ruhiges Leben hier. Mia müssen wir teilweise festhalten, aber das viele Schaukeln macht müde. Armer Uwe, der muss sich höllisch konzentrieren. Mia rollt sich irgendwann ein und bettet ihren Kopf auf Helens Schoß - zu süß! Wir schaffen es gerade noch beim letzten Tageslicht wieder in Independencia zu sein. Uwe hat sich das Eis bei Amandau redlich verdient!


Mirador del Cerro Akati

Offiziell müssen Claudi und Uwe am 15. November raus aus Paraguay - die 90 Tage sind abgelaufen. Allerdings drohen die nächsten starken Regenfälle und so fahren sie schon am 11. November vom Grundstück. Denn noch ist der Sandweg trocken und Uwe kommt ohne Probleme mit dem Wohnmobil raus. Für Mia ist es das erste Mal seit Monaten, dass sie wieder im Womo ist. Leider ist es monsterheiß und ihr gefällt das lange Autofahren bis zur Grenze in Ciudad Del Este überhaupt nicht - zumal vorne auch noch die Klimaanlage ausfällt.

Während wir also für zwei Nächte das Grundstück einhüten, machen Uwe und Claudi ihre Grenzformalitäten. Die Klimaanlage wird auch wieder repariert und Uwe durchforstet in Ciudad Del Este noch die Läden nach Festplatten für Sylvia und PC-Lautsprechern für mich. Der Sound von unserem Laptop ist nämlich sehr leise und klingt wie aus der Dose. Uwe hat die gleichen Logitech Lautsprecher und damit lassen sich Fußball und Kinofilme viel besser hören. Er bringt mir diese für unter 80.000 Guaranís (etwa 12 EURO) mit. Super!

Claudi hat am 13. November Geburtstag und wir schicken ihr per WhatsApp schon mal ein Geburtstagsständchen. Am späten Nachmittag rollen die Drei wieder aufs Grundstück. Während Claudi die Tore öffnet, springt Mia raus und rennt im Vollsprint auf uns zu. Sie ist ja sooooo happy wieder zuhause zu sein! Wir werden freudig begrüßt, dann rennt sie bellend über das ganze Grundstück, damit auch jeder weiß, dass die Herrin des Hauses wieder da ist. Während wir die Vorräte, die Claudi in Brasilien eingekauft hat, ins Haus bringen, kühlt sich Mia ihre heißen Pfoten im Pool ab. Man sieht ihr die Erleichterung im Gesicht an - Mia kann wirklich lachen! Die zwei Tage im Wohnmobil haben ihr so gar nicht gefallen. Irgendwann wird das Housesitting aber auch ein Ende haben und dann wird sie sich an ihr Leben im Wohnmobil schon wieder gewöhnen müssen. Uwe scheint es nicht anders zu gehen, aber noch bleibt ja ein wenig Zeit, bevor Renate und Bruno zurückkommen.

Zur Feier des Tages laden wir die beiden abends zum Essen bei La Ola ein. EINE Rindsroulade hat Holger noch und die geht natürlich an Claudi. Uwe nimmt den Hackbraten und wir Schnitzel mit Pommes. Mia wartet geduldig unter dem Tisch und bekommt beim Rausgehen von der Kellnerin noch ein paar Stückchen getrocknete Leber. Zum Dank zeigt Mia dann auch gleich ihre Kunststücke ... PENG! ... Mia schmeißt sich hin und stellt sich tot!

Wir parken am Abend im Dunkeln noch einmal um. Es liegt Elektrizität in der Luft bei totaler Windstille. Rund um uns flackern Blitze und Wetterleuchten am dunklen Himmel auf. Ich befürchte, es könnte hageln, denn der Temperaturunterschied von immer noch über 35°C auf angesagte 25°C ist groß. Brunos Truck kommt auch vorsichtshalber in die Garage. Wir stellen uns unter das schwarze Netz, dass normalerweise zum Schattenspenden da ist. Mit langen Bambusstäben drücken wir es höher, damit Winnietwo darunter passt. Dann befestigen wir noch die Sonnenblende von draußen auf die Frontscheibe - sie ist leicht gefüttert und könnte den Hagel abfedern. Aber der kommt zum Glück nicht, es regnet nur mal wieder in Strömen.

An unserem letzten Tag hier scheint aber wieder die Sonne - gut, denn wir wollen morgen abfahren und der Weg muss dafür noch abtrocknen. Während Claudi unser Abschiedsessen vorbereitet - Osso Bucco - backe ich noch mal einen Karottenkuchen für uns zum Mitnehmen und eine Fuhre Franzbrötchen für Claudi und Uwe sowie Renate und Bruno. Aber dieses Mal gelingen mir die Franzbrötchen nicht so gut. Der Teig ist zwar aufgegangen und lässt sich gut ausrollen, aber im Ofen kommt er nicht mehr richtig hoch. Bekomme ich etwa meine Regel? Ich schwöre es ... wenn ich meine Regel habe, dann wird der Hefeteig nie was! Uwe, das habe ich jetzt nur noch mal für dich geschrieben, damit du beim Wort "Regel" noch mal mit den Augen rollen kannst! ;-)

Osso Bucco ist Uwes Lieblingsgericht. Auf dem Video hört man deutlich sein verzücktes Stöhnen! ;-) Es wird aus Rinderbeinscheiben gemacht und ist eine Italienische Spezialität. Ähnlich wie beim Gulasch kocht es nach dem Anbraten lange vor sich hin, damit das Fleisch schön zart wird. Dazu bereitet Claudi eine Cremoulada zu - frisch gehackte Petersilie mit Knoblauch und geriebener Zitronenschale. Diese Haube gibt dem Fleisch einen echt frischen und fruchtigen Geschmack. Super lecker!


Housesitting macht richtig Spaß!

Die vier Wochen hier in Independencia mit unseren drei Freunden waren wieder einmal super! Total unkompliziert und sehr entspannt - genau das Richtige für uns nach unseren sehr aktiven Sommermonaten in Kanada und England.

Vielen, vielen Dank an Claudi und Uwe und natürlich auch an Bruno und Renate! Toll, dass wir dieses wunderschöne Grundstück und Zuhause genießen durften und konnten. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen mit euch allen bei Hasta La Pasta zu Weihnachten!

P.S. Wir haben uns am Ende der 4 Wochen mal auf die Waage gestellt - 2kg mehr als vorher! Kein Wunder! Man, war das alles lecker hier! Solltet ihr nach dem Lesen dieses Berichtes Hunger haben ... ich schicke gerne ein paar Rezepte per Email zu!